Maat-ka-Ra Hatschepsut

last update: 03.01.2010

Krönung zum Pharao - aber wann?

Wie auf der Seite "Pharao" beschrieben - und hier sind sich die Ägyptologen mal einig -, lässt sich Hatschepsut irgendwann zwischen dem 2. und 7. Regierungsjahres des legitimen Herrschers Thutmosis III. zum Pharao ausrufen. Die Eckdaten für diesen Zeitraum liefern eine Weiheinschrift im Tempel von Semna in Nubien aus dem Jahr 2 und Grabbeigaben im Grab der Eltern des Senenmut aus dem Jahr 7.

Weiheinschrift im Tempel von Semna, Jahr 2, 2. Monat der Hitze (Schomu) Tag 2
Die Weiheeinschrift im Tempel von Semna in Nubien, der eine Stiftung Senwosrets III. (Sesostris III., 12. Dyn.) war, findet sich auf der östlichen Außenwand des Tempels und wird häufig als der letzte Text aufgeführt, in dem Hatschepsut noch mit ihren Titeln als Königsgemahlin auftaucht. Das Datum dieser Inschrift wird folglich als "terminus post quem" angesehen, also als das früheste Datum, das für eine Thronbesteigung in Frage kommt.
Dorman (1988) weist aber auf 2 "Fallen" hin. Auf der häufig in diesem Zusammenhang zitierten östlichen Außenwand des Tempels, die auf das Jahr 2 datiert wird, wird Hatschepsut weder als Königsgemahlin noch als König erwähnt.
Zwei beschädigte Inschriften an der westlichen Außenwand des Tempels von Semna, die allerdings nicht datiert sind, beziehen sich dagegen auf eine Königin, die eigentlich niemand anderes sein kann als Hatschepsut, obwohl ihr Name nicht erhalten geblieben ist (Dorman, 1988). Hatschepsut wird zwar auf der westlichen Wand erwähnt und nur hier, aber ihre Nennung lässt sich nicht zwingend mit dem Jahresdatum auf der östlichen Außenwand verbinden. Der Text auf der östlichen Außenwand enthält nach dem oben angegebenen Datum und den 5 Titeln Thutmosis III., die Anweisung an den Vizekönig von Kusch, den Tempel zu restaurieren und die Opfer(rituale) für den vergöttlichten Senwosret III. (Kha-kau-Ra, Sesostris III.) wieder aufzunehmen, was der Vizekönig wohl auch umgehend tat und nur wenig später durch das Anbringen der Inschriften dokumentierte.
Die Stellung Hatschepsuts in Beziehung zu Thutmosis III. ist auf der westlichen Außenwand eindeutig dargestellt. Die symmetrische Dekoration zeigt in der Mitte den sitzenden nubischen Gott "Dedwen" (= "Dedun, der oberägyptische Jüngling, der aus Nubien gekommen ist", nach Kees, 1977), der Thutmosis III. mit der Weiße Krone krönt.
Hatschepsut wird weiter links erwähnt, ist also nicht die Zentralfigur der Darstellungen. 


Die Funde im und um das Grab von Senenmuts Eltern, Jahr 7
Das Jahr 7 geht u.a. auf Funde in der Nähe bzw. im Grabe der Eltern von Senenmut, Ra-mose und Hatnefret, zurück. Diese wurden vor dem oder im Regierungsjahr 7 bestattet. Auf wen sich das Datum bezieht, ist nicht gesichert, aber wahrscheinlich auf Hatschepsut.
In dem 1935/36 entdeckten Grab (siehe 1. Grab von Senenmut TT71; Grabungsteam des Metropolitan Museum of Arts) wurden einige Tonkrüge gefunden, von denen einer das Datum "Jahr 7, 2. Monat des Sprießens (Peret), Tag 8" und einer das Siegel der "Gottesgemahlin Hatschepsut" (Kartusche unten links) mit der Aufschrift "Jahr 7, Satuwina" trug. Zwei weitere Krüge trugen Siegel der "Guten Göttin   Maat-ka-Ra" (Kartusche unten rechts; Zeichnungen aus Hayes, 1957), dieser Titel bedeutet, dass sie den Pharaonenthron bestiegen hat. Diese beiden Krüge tragen allerdings kein Datum.


Bereits 1920 hatte Norman de Garis Davies im Vorhof von TT71 ein Ostrakon entdeckt (siehe Datierung von TT71), das sich auf "Beginn der Arbeiten am Grab" im "Jahr 7, 4. Monat des Sprießens (Peret), Tag 2" bezog. Der König, auf dessen Regierungszeit sich diese Jahresangabe bezieht, wird nicht genannt.
Dieses Ostrakon muss bei den Arbeiten an TT71, bei denen der Zugang zu dem Grab der Eltern zugeschüttet wurde, in die Erde geraten sein. "Jahr 7, 4. Monat des Sprießens, Tag 2" ist also das letzte Datum zu dem noch Dinge ins Grab verbracht worden sein können. Der Krug aus dem Grab der Eltern des Senenmut mit dem Titel der "Guten Göttin Maat-ka-Ra" belegt daher, dass Hatschepsut vor diesem Datum  den Titel "Pharao" angenommen haben muss.

Da die Krüge in Grab TT71 durchaus aus älteren Beständen stammen könnten (wie z.B. der mit dem Siegel der "Gottesgemahlin Hatschepsut", denn Haushalt und Vermögen der "Gottesgemahlin" bestanden, getrennt von dem der Königin, auch nach der Thronbesteigung der Hatschepsut weiter, jetzt allerdings wahrscheinlich als Haushalt ihrer Nachfolgerin im Amt der "Gottesgemahlin", Neferu-Ra), liefern die Funde zwar keinen Hinweis auf das Datum der Thronbesteigung, aber zumindest ein "Datum vor dem (terminus ante quem)" die Thronbesteigung bereits stattgefunden haben muss.


Da zeitgenössische Quellen kein Datum für die Thronbesteigung angeben, versucht man anhand der bekannten Schriften (an diversen Monumenten, Papyrus Turin 1878) den Zeitraum für die Thronbesteigung der Hatschepsut weiter einzugrenzen. Es gibt nun zahlreiche Denkmäler, deren Errichtung vermutlich in den Zeitraum Jahr 2 - 7 fällt bzw. die über Ereignisse in diesem Zeitraum berichten.
Im Folgenden werden zwei Beispiele vorgeführt. Die Schlussfolgerungen, die aus diesen Inschriften gezogen werden, sind natürlich abhängig von demjenigen, der sie gerade interpretiert.

Der Wesir User-amun, sein Grab TT131, und der Papyrus Turin 1878
User-amun wurde im "Jahr 5, 1. Monat der Überschwemmung (Achet) Tag 1", wie bereits unter "Personen" erwähnt,  als "Stab des Alters" für seinen Vater Ahmose Amethu in das Amt des Wesirs berufen. 
Die Einsetzung des User-amun in das Amt des Wesirs ist nun zu einem in seinem Grab TT131 beschrieben, zum anderen auch auf dem Papyrusfragment aus Turin. Der Vergleich der Texte belegt, dass beide den gleichen Vorgang beschreiben (Helck, W. "Die Berufung des Wesirs Wsr.", Ägyptologische Studien, Nr. 29, 1955). Das Papyrusfragment enthält aber im Gegensatz zum Grab auch ein Datum für diesen Vorgang, nämlich "Jahr 5, 1. Monat der Überschwemmung (Achet) Tag 1"!
In beiden Texten erfolgt die Einsetzung in das Amt durch Thutmosis III.

Vordergründig betrachtet hat man hier zwei unabhängige Quellen, eine Grabinschrift und den Rest eines Verwaltungsdokumentes, die die Berufung User-amuns im Jahr 5 unter Thutmosis III. belegen. Hatschepsut mag sicherlich als Regentin im Hintergrund die Fäden gezogen haben, aber die offizielle Amtseinsetzung erfolgte immer im Namen des rechtmäßigen Herrschers. Nach diesen beiden Quellen hätte sie im "Jahr 5, 1. Monat der Überschwemmung (Achet) Tag 1" noch nicht den Pharaonenthron bestiegen.

Dorman (1988) und andere weisen nun mit Recht darauf hin, dass der Text im Grab TT131 als retrospektive Beschreibung des Ereignisses zu werten ist. User-amun selbst verstarb zwischen dem Jahr 28 und 32, also zu einer Zeit, als Thutmosis III. bereits mehrere Jahre allein regierte und möglicherweise die Verfolgung der Hatschepsut bereits begonnen hatte (siehe dazu Ende und Verfolgung der Hatschepsut). Die Texte im Grab könnten die politischen Änderungen nach dem Tode der Hatschepsut bereits berücksichtigt haben.

Das Verwaltungsdokument, Papyrus Turin 1878, ist sicherlich keine retrospektive Beschreibung des Ereignisses und hat auch nicht als Textvorlage für die Inschriften im Grab TT131 gedient. Auch eine spätere Zensur des Dokuments, bei der der Name der Hatschepsut durch den des Thutmosis III. ersetzt wurde, erscheint unwahrscheinlich. Dennoch erheben sich auch an diesem Dokument gewisse Zweifel.

Dorman (1988) weist darauf hin, dass nach einer Schriftanalyse das Papyrusfragment nicht in die frühe 18. Dynastie passt, sondern eher in die 19. Dynastie. Außerdem enthält ein nicht publiziertes Fragment desselben Papyrus einen Hymnus an den Nil,  dessen Existenz bisher nicht vor der 19. Dynastie nachgewiesen werden konnte. Man muss daher davon ausgehen, dass der Papyrus Turin 1878, der die Ernennung des User-amun zum Wesir enthält, eine Abschrift im ramessidischen Schreibstil der 19. Dynastie ist, aber das bedeutet nicht zwangsläufig, dass der Originaltext hierbei verändert wurde.

Diese beiden Quellen könnten somit auf eine späte Thronbesteigung zwischen dem "Jahr 5, 1. Monat der Überschwemmung (Achet) Tag 1" (Ernennung des User-amun zum Wesir) und dem "Jahr 7, 4. Monat des Sprießens (Peret), Tag 2" (Beginn der Arbeiten an TT71) hindeuten. 

Die Stiftungsstele des Senenmut
Nördlich von Karnak und westlich von der Mauer um den Bezirk des Month-Tempels, wurde in einer kleinen Kapelle aus Lehmziegeln eine Stele - offensichtlich an ihrem ursprünglichen Platz - gefunden. Diese Stele wurde von Christophe, L.A. (in "Karnak-Nord III", Le Caire, 1951; zitiert nach Helck, W., "Die Opferstiftung des Senenmut", ZÄS 85, 1960) beschrieben.

Die Stele beschreibt in einer längeren, fragmentarischen Inschrift, Stiftungen von Senenmut an verschiedene Tempel. Helck (1960) hat anhand einer Fotografie den Text neu editiert und beklagt dabei die Zerstörungen der Amarna-Zeit sowie die schlampige Restauration der Inschrift, die er abweichend zu Christophe nicht in die 25. Dynastie sondern in die Zeit von Haremhab oder Sethi I. datiert. Helck versuchte bei der Neuedition Fehler der schlampigen Restaurierung zu korrigieren, weist aber darauf hin, dass wohl nicht mehr alle Fragen geklärt werden können, da der Stein (Granit) laut Christophe durch Salzbildung stark zerstört sei und mehrere Textabschnitte daher kaum noch zu entziffern seien.

Die Stele ist nach Helck eine der wenigen Urkunden über eine Felderstiftung, die aus der 18. Dynastie bekannt ist. Senenmut stiftet mehrere Felder in verschiedenen Gebieten für den Amun-Tempel in Karnak und den Tempel der Hatschepsut in Deir el-Bahari. Aus dem Ertrag der gestifteten Felder sollen dann Brot und Bier hergestellt werden, deren genau festgelegte Menge dann für Opfer zu verwenden waren. Für die Herstellung von Brot und Bier stiftet Senenmut sowohl dem Arbeitshaus des Amun-Tempels als auch dem von Djeser djeseru auch noch je einen Sklaven und eine Sklavin, sozusagen als Ausgleich für die anfallende Arbeitsbelastung. Die juristischen Implikationen dieser Stiftung sollen hier jedoch nicht weiter diskutiert werden, sie sind bei Helck nachzulesen.

Von Interesse sind im Zusammenhang mit der Thronbesteigung der Hatschepsut vor allem die Datierung und die erwähnten Namen und Ortsangaben. 

Helck übersetzte die 1. Zeile der Inschrift (oben) wie folgt:
"Jahr 4, 1. Monat der Hitze (Schomu), Tag 16 unter der Majestät des Königs von Ober- und Unterägypten, Men-cheper-Ra (= Thutmosis III.), Sohn des Ra Thutmosis (II.) "Schön-an-Gestalten", dem Leben gegeben sei ewiglich. ..."

Auf der linken Seite der Stele findet sich eine intakte Kartusche der "Maat-ka-Ra" Hatschepsut (siehe oben). Helck übersetzt diese Zeile mit:
"dieses Dieners da, vollständig geliefert als Abgabe für den Stundendienst des Arbeitshauses, das der König von Ober- und Unterägypten Maat-ka-Ra (----), dem Leben gegeben werde, ihrem Vater Amun in Djeser djeseru (----) gestiftet hat. Was aber den Überschuss am Opfer angeht, der eintritt beim [.......] Wasser(spende), die der [Webpriester] tut [...."

Diese Stiftungsstele nennt neben dem Thronnamen der Hatschepsut,  Maat-ka-Ra, auch bereits ihren Tempel Djeser djeseru (siehe Unterstrich in rot bzw. grün in der obigen Abbildung) und, benachbart zu den Textteilen, die die intakte Kartusche der Hatschepsut zeigen, erwähnt Senenmut zweimal seine Grabanlage, die demnach auch bereits im Bau gewesen sein muss.

Diese Stele wird selbstverständlich von allen (u.a. Schott, Helck, Meyer), die für eine frühe Thronbesteigung der Hatschepsut plädieren, als Beleg herangezogen.


Dorman (1988) hält mit den - schon von Christophe und Helck erwähnten - Restaurierungen an der Stele dagegen. Das Fehlen der originalen Randbegrenzungen der Stele macht es seiner Ansicht nach wahrscheinlich, dass die Stele zur Zeit ihrer Restaurierung in der Antike bereits so beschädigt war, dass der Text, der das Datum enthält, in ramessidischer Zeit komplett neu geschrieben werden musste.

Andererseits scheint der Teil des Textes, in dem die Kartusche der Hatschepsut aufgeführt wird und in dem Senenmut von seinem Grab spricht, klar zu belegen, dass die Arbeiten am Grab zumindest begonnen haben mussten. Dies kann aber aufgrund der Funde im Grabe seiner Eltern - direkt unter TT71 gelegen - nicht vor "Jahr 7, 2. Monat des Sprießens (Peret), Tag 8" erfolgt sein (sicherlich kann man davon ausgehen, dass mit dem angesprochenen Grab nicht TT353 gemeint ist).
Die Erwähnung seines Grabes durch Senenmut "datiert" den Text und damit die Stele nach Ansicht von Dorman eher auf das Jahr 8 der Hatschepsut bzw. des Thutmosis III. Die Datumsangabe auf der Stiftungsstele des Senenmut ist daher nach Dorman (1988) mehr als zweifelhaft.

Der Namenswechsel des Thutmosis III.
In den Monumenten ist zweimal ein Wechsel im Thronnamen des Thutmosis III. belegt. Zu Beginn seiner Regierungszeit trug er den Thronnamen "Men-cheper-Ra". Für die Zeit der Koregentschaft, also nach der Thronbesteigung der Hatschepsut, ist dagegen der Thronname "Men-cheper-ka-Ra" belegt. Nach dem Tode der Hatschepsut wechselt er wieder zu dem alten Thronnamen "Men-cheper-Ra" zurück.

Meyer (1980) verweist darauf, dass dieser Wechsel der Thronnamen häufig keine Beachtung gefunden hat. Da Hatschepsut offensichtlich ein besonderes Verhältnis zum "Ka" hatte - wie dessen Verwendung in ihren Titeln ja auch zeigt (s. Historie) -, ist nach Meyer der erste Wechsel zu "Men-cheper-ka-Ra" mit großer Wahrscheinlichkeit mit ihrer Thronbesteigung und der "Degradierung" des rechtmäßigen Herrschers, Thutmosis III., zum Koregenten zu verbinden.
Nach einer Untersuchung von Brovarski (JEA 62, 1976; zitiert nach Meyer) ist die Form "Men-cheper-Ra" für die Jahre 1 - 5 und danach wieder ab Jahr 21 belegt, die Form "Men-cheper-ka-Ra" dagegen für die Jahre 5 - 20.

zurück

Historie Genealogie Familie Gottesgemahlin Regentin Ende

Copyright: Dr. Karl H. Leser (Iufaa)