Maat-ka-Ra Hatschepsut

last update: 08.06.2009

Gottesgemahlin des Amun

Im Rahmen der Maat, der altägyptischen Weltordnung, bedurfte der Pharao einer Legitimation seiner Königswürde. Diese unerlässliche Voraussetzung konnte durch die drei folgenden Gegebenheiten erfüllt werden:

Politische Legitimation
hier gibt es zwei Varianten, die patrilineare Legitimation, d.h. er ist leiblicher Königssohn (königlicher Abstammung) oder die matrilineare Variante, d.h. er heiratet die Erbprinzessin (Königstochter)

Juristische Legitimation
diese erfolgt durch Adoption des regierenden Pharaos oder durch Bestimmung durch den unmittelbaren Vorgänger auf dem Pharaonenthron

Göttliche Legitimation
diese wird abgeleitet durch göttliche Abstammung oder durch göttliche Erwählung (Orakel; Traum).

Zur Verhinderung illegitimer Herrscher erhält unter den Ahmosiden (möglicherweise schon unter Seqen-en-re Tao) die Institution der "Gottesgemahlin des Amun in Ipet Isut" in der Königsideologie offensichtlich ein besonderes Gewicht. Dies ist wohl eine Reaktion auf die Wirren am/oder nach dem Ende des Mittleren Reiches.


Die Institution der "Gottesgemahlin des Amun" (= Hmt nTr n Imn)  beruht wahrscheinlich auf der Vorstellung der Gottessohnschaft des Pharao. Diese seit der 4. Dynastie nachweisbare Vorstellung, formuliert im Königstitel "Sohn des Ra (Sa Ra)", geht davon aus, dass Gott in Gestalt des herrschenden Pharao mit der "Gottes- und Königsgemahlin" den - göttlichen - Erben und Thronfolger zeugt.

In gewisser Weise "spiegeln" sich irdische Fürsten und ihre Lebensweise mit einigen der ägyptischen Götter und vice versa. Der Reichsgott des NR, Amun, und seine Gemahlinnen Amaunet und Mut bestätigen das eindrucksvoll.

So "wächst" Amun mit der Bedeutung des thebanischen Fürstengeschlechts. Als Theben im MR Reichshauptstadt wird, erhält Amun den Beinamen "Herr der Throne der beiden Länder" und wird, in Anlehnung an die irdische Königsmacht zum "Götterkönig" und "Herrscher der Neunheit".


Eine vergleichbare Entwicklung machen Amaunet und Mut, durch, mit denen er im NR als Ehepaar dargestellt wird. Sein älteres weibliches "Komplementär" Amaunet nimmt mit ihm als "Götterpaar" ihren Sitz im Amun-Tempel von Karnak ein, besitzt aber im Gegensatz zur Mut keine eigene Kultstätte (Kees, 1977).

Mut, die alte thebanische Lokalgöttin mit dem Titel "Mut vom heiligen See Ascheru (ISrw)", ist eine eher späte "Entwicklung" in der ägyptischen Religionsgeschichte. Zur Zeit der Hatschepsut erlangt Mut durch Amun die "Fürstinnenstellung" als "Herrin des Himmels" - so wie die irdische Königin seit Beginn des NR "Herrin beider Länder" heisst - und "Herrscherin der Götter". Daraus leiten sich auch die Darstellungen der Mut mit der Doppelkrone ab. In einer "Spielerei" mit der anderen Bedeutung ihres Namens (mwt = Mutter) bildet sie mit Amun als "Vater" und dem gemeinsamen Sohn "Chonsu" die thebanische Triade.


Neben der Göttin Mut als seine "Königin" in der Götterwelt erhält Amun auf der Erde in dem "Gottesweib" eine irdische Gemahlin mit der er die Ehe eingeht und den Thronfolger zeugt. Wie diese Zeugung zwischen Amun und der irdischen Gemahlin abläuft, zeigen die Beispiele der Geburtsmythen der Hatschepsut (in Bezug auf deren Mutter Ahmose; in Djeser djeseru) und des Amenhotep III. (in Bezug auf dessen Mutter, Mut-em-wia; in Luxor-Tempel). Der "göttlichen" Ehe des Amun mit seiner irdischen "Königin" entstammt somit der allein berechtigte Thronerbe.

Die Institution der "Gottesgemahlin" scheint somit - so Grimm und Schoske, 1999, - eine Art Ergänzung oder Weiterentwicklung zu der oben aufgeführten 3., der Göttlichen Legitimation zu sein und sollte möglicherweise dem ahmosidischen Haus den Thronanspruch sichern. Eine Übersicht der "Historie der Gottesweiber des Amun der 18. Dyn." ist auf einer eigenen Seite abgelegt.

Daher war das Amt der "Gottesgemahlin" ausschließlich Königstöchtern und -schwestern vorbehalten. Die jeweils älteste Königstochter, ggf. wenn keine Töchter vorhanden waren, auch die ranghöchste Königsschwester, wird noch zu Lebzeiten ihrer Mutter, der amtierenden "Gottesgemahlin" in das Amt eingeführt und damit auch zur zukünftigen Gemahlin ihres Bruders oder Halbbruders bestimmt (dies gilt allerdings nur für den Beginn der 18. Dyn., danach wurde das Amt auch durch Adoption weitergegeben und schließlich auch verliehen). Diese sicherten dann durch Heirat mit ihrem Bruder oder Halbbruder dessen Legitimation als neuen Herrscher.

Die Bestimmung der "Gottesgemahlin des Amun" zur "Königsgemahlin" des nächsten Herrschers bedeutet wohl u. a. nichts anderes, als dass diese die irdische Rolle der Mut, der Gemahlin des Amun im Horizont der Götter, übernimmt. Hier dürften folglich klare Verbindungen zum Geburtsmythos der ägyptischen Könige zu ziehen sein.


Aus der Frühzeit der 18. Dynastie sind folgende Königstöchter ("sat nesu") , Königsschwestern ("senet nesu") und Gottesgemahlinnen bekannt - alle aus dem Haus der Ahmosiden:

- Ah-hotep, Ahmose-Nefertari, Sat-Amun, und Ahmose-Merit-Amun I., Sat-Kamose.


Für Ahmose, ihre Mutter, ist der Titel einer "Gottesgemahlin" dagegen nicht belegt - auch nicht der einer "Königstochter" (ihr wird lediglich der Titel einer "Königsschwester" zugewiesen). Da auch dies gegen eine königliche Abstammung der Ahmose spricht, kann sie ihrem Gemahl Thutmosis I. eigentlich nicht die notwendige Legitimation für die Thronbesteigung verschafft haben.
 


Die erste "Gottesgemahlin" aus dem Hause der Thutmosiden war somit die "Königstochter" und "Königsschwester"  Hatschepsut. 
Im Zusammenhang mit Hatschepsut bedeutet das weiterhin, dass sie, da sie nicht Tochter einer "Gottesgemahlin" war, in das Amt eingesetzt worden sein muss! Die letzte "Gottesgemahlin" - die vielleicht auch ihre Großmutter war - Ahmose-Nefertari könnte Hatschepsut "adoptiert" und in das vakante Amt einer "Gottesgemahlin" eingesetzt haben.  

So wie die vorangegangenen "Gottesgemahlinnen" das Amt auf ihre mutmaßlichen Töchter übertragen haben, so überträgt Hatschepsut dieses Amt noch zu Lebzeiten auch an ihre eigene Tochter Neferu-Ra. Diese wäre damit gleichzeitig auch zur zukünftigen "Königsgemahlin" des Thutmosis III. bestimmt worden.

Historie Genealogie Familie Regentin Pharao Ende

Copyright: Dr. Karl H. Leser (Iufaa)