Maat-ka-Ra Hatschepsut

last update: 03.01.2010

Ende und Verfolgung

Tod der Königin
Maat-ka-Ra Hatschepsut (links der Kopf das Oberteil einer Sitzstatue, die Statue befindet heute sich im Metropolitan-Museum, New York) hat Ägypten etwas mehr als 20 Jahre lang regiert. In den letzten Jahren war ihr designierter Nachfolger, Thutmosis III., wohl bereits aus ihrem Schatten herausgetreten und hatte zunehmend Staatsaufgaben übernommen. Als Oberbefehlshaber der Armee hatte er anscheinend bereits die Expeditionen in den Sinai (Jahr 13 und 16), den Feldzug nach Nubien (Jahr 20), und den Feldzug nach Maau (Jahr 20-22?) geleitet. Irgendwann zwischen den Jahren 20 - 23 wurde auch die Stadt Gaza erobert (im Jahr 23 als bereits eroberte Stadt dokumentiert), ob dies noch zu Lebzeiten der Hatschepsut oder kurz nach ihrem Tode erfolgte ist unklar, aber auch hier dürfte Thutmosis III. die militärische Führung inne gehabt haben.

Nach Tyldesley (1996) stieg der Horus Maat-ka-Ra Hatschepsut nach 22 Jahren und 6 Monaten zum Himmel empor. Dies dürfte cum grano salis zutreffend sein, denn auch Manetho, der am Beginn des 3. Jahrhunderts v. Chr. eine Geschichte Ägyptens verfasste, billigt einer Königin Amessês, die ihm als 4. Herrscher der 18. Dynastie noch bekannt war, eine Regierungszeit von 21 Jahren und 9 Monaten zu.

Es gibt keinerlei Hinweise darauf, dass der Tod der Hatschepsut mit irgendwelchen Unruhen verbunden war oder gar auf unnatürlichem Wege erfolgte.


Es gibt auch keine Hinweise darauf, dass Thutmosis III. seine Pflichten als Nachfolger ihr gegenüber vernachlässigt hat. Einzig auffällig ist eine Änderung in seinem Thronnamen, Men-cheper-ka-Ra (Dauerhaft sind Erscheinung und Ka des Ra), der in Men-cheper-Ra (Dauerhaft ist die Erscheinung des Ra) geändert wurde.
Wir können folglich davon ausgehen, dass Thutmosis III. Hatschepsut standesgemäß mumifizieren und schließlich neben ihrem Vater in KV20 bestatten ließ.

Verfolgung der Hatschepsut

Unstrittig ist jedoch, dass Thutmosis III. irgendwann nach dem Tod der Hatschepsut mit der Verfolgung ihres Andenkens begann. In diesem Zusammenhang ließ er auch für seinen Großvater, Thutmosis I. ein neues Grab anlegen und ihn dort neu bestatten.
Dieses Grab, KV38, hat zu Beginn seiner Entdeckung ein wenig die Ägyptologen verwirrt. Es enthielt einen gelben Quarzit-Sarkophag (heute im Museum Kairo), beschriftet für Thutmosis I. Man hielt es daher für sein ursprüngliches Grab, angelegt von Ineni, der selbst davon berichtete. Erst 1974 wies Romer (zitiert nach Reeves, Wilkinson, 1997) darauf hin, dass die Anlage von KV38 so sehr der Architektur von KV34 (Grabanlage für Thutmosis III.) ähnelt, dass beide Grabanlagen aus gleicher Zeit stammen müssen. Das von Ineni erbaute Grab muss daher woanders zu suchen sein (wohl KV20).

Die von Thutmosis III. veranlassten Verwüstungen an den Bauwerken der Hatschepsut wurden schon bei der Beschreibung derselben erwähnt, hier sei daher nur auf das Beispiel der Roten Kapelle verwiesen. Gegenstand der akademischen Diskussion ist jedoch bis heute, wann die Verfolgung des Andenkens der Hatschepsut einsetzte.


Ursprünglich wurde unterstellt, dass Thutmosis III. sofort nach dem Tode seiner "verhassten" Stiefmutter Hatschepsut, die ihn 20 Jahre von der Macht "fern" gehalten hatte, mit der Zerstörung ihres Andenkens begann. Dies lässt sich jedoch nicht in Einklang bringen mit neueren architektonischen Untersuchungen, speziell im Tempelbezirk von Karnak.
Die Untersuchungen der sogenannten "Hatschepsut-Kammern" rechts und links vom Sanktuar (dessen Zentrum mal die Rote Kapelle bildete) zeigten, dass die - unvollständigen - Tilgungen ihres Namens zwar unter Thutmosis III. stattfanden, aber wohl eher später in seiner Regierungszeit.


Hier eine Teilaufnahme von den unveröffentlichten Reliefs der Hatschepsut-Kammern; Hatschepsut, rechts stehend, opfert vor dem ithyphallischen Amun (links); oben sind die beiden Kartuschen der Maat-ka-Ra Hatschepsut deutlich zu erkennen

Vor allem die Tatsache, dass Thutmosis III. den Bau der Roten Kapelle (3 Szenen des 7. und das gesamte 8. Register, nach Meyer, 1989) beenden ließ - und das Bauwerk natürlich als eigenes ausgab - spricht gegen ein hasserfülltes Vorgehen und nach Ansicht mancher Gelehrter auch gegen eine sofortige Verfolgung nach ihrem Tode.


Anhaltspunkte für einen Beginn der Verfolgung in den späten Regierungsjahren des Thutmosis III. scheinen diverse Inschriften in Karnak zu geben.
Ausgangspunkt ist die Datierung der Inschrift bzgl. der Jugendzeit des Thutmosis III. an der Südwand des Zentralbaus der Hatschepsut im Amun-Tempel in Karnak. Borchardt und Sethe (zitiert nach Meyer, 1989) datieren diese Inschrift auf das Jahr 42 des Thutmosis III. oder später, da in dieser Inschrift die Annalensäle des Thutmosis III. erwähnt werden. Die Annalensäle selbst belegen Jahr 42 als das höchste Datum, d.h. die Jugendinschrift kann erst nach den Annalensälen angebracht worden sein. Außerdem erwähnt diese Jugendinschriften auch die Rote Kapelle der Hatschepsut, was scheinbar dafür spricht, dass die Rote Kapelle zur Zeit der Erstellung der Inschrift noch gestanden hat.


Die unvollständigen und unsystematischen Zerstörungen an den Blöcken der Roten Kapelle (siehe Abbildung oben, im rechten Register sind Kartusche und Figur der Hatschepsut zerstört, links dagegen erhalten geblieben) wurden in diesem Zusammenhang mit der Verfolgung der Hatschepsut unterschiedlich diskutiert.
Die Verteilung der betroffenen Blöcke (siehe unten schematische Darstellung der Südwand) wurde von Meyer, 1989, dahingehend interpretiert, dass die Zerstörungen an der noch stehenden Kapelle durchgeführt wurden. Wären die Zerstörungen nach dem Abbau erfolgt, dann wären nach ihrer Ansicht mit großer Wahrscheinlichkeit mehrheitlich Blöcke aus den unteren Registern oder von einer einzelnen Wand betroffen gewesen, da beim Abbau und Lagern der Blöcke diejenigen aus den oberen Registern unten und damit unzugänglich gelagert worden wären.


Südseite der Roten Kapelle (schematisch); die Blöcke mit den Nummer zeigen die intakte Figur der Hatschepsut, auf den schräg gestrichelten Blöcken wurde sie gelöscht ( Institut Français d´Archéologie Orientale; nach Dorman, 1988)

Dass Thutmosis III. den Bau der Roten Kapelle beenden ließ und in den Jugendinschriften als eigenen Bau ausgab, schließt jedoch nicht aus, dass die Tilgung der Hinweise auf Hatschepsut bereits während der Ausschmückung der letzten Blöcke im 7. und 8. Register im Gange war. Nach Meyer könnte die unregelmäßige Verteilung der betroffenen Blöcke darauf hinweisen, dass versucht wurde, die noch stehende Kapelle umzuwidmen, aber die technischen Schwierigkeiten letztlich zum Abbruch des Bauwerks geführt haben. Die Tilgung der Spuren der Hatschepsut an der Roten Kapelle könnten durchaus lange vor dem oben erwähnten Jahr 42 begonnen haben (siehe dazu auch die Seite zur Roten Kapelle).

Zu dem erwähnten Jahr 42 würde allerdings passen, dass Thutmosis III. an der Stelle der Roten Kapelle einen Nachfolgebau errichten ließ. Von diesem Barkenschrein ist ein Reliefbruchstück mit der Angabe Jahr 46 erhalten (van Siclen "The Date of the Granite Bark Shrine of Thutmosis III." GM 79, 1984; zitiert nach Meyer). Wenn der Bau des Barkenschreins von Thutmosis III. nicht lange nach dem Abbruch der Roten Kapelle begonnen hat - was nur vermutet werden kann -, dann könnte die Zeit zwischen den Jahren 42, in dem die Rote Kapelle noch gestanden haben kann (siehe oben), und 46 für den Abbruch und dem Beginn eines Neubaues in etwa reichen.

Der Versuch, aus abgerissenen Bauten und zerstörten oder unzerstörten Reliefs auf eine Jahreszahl für den Beginn der Verfolgung der Hatschepsut zu schließen, ist zur Zeit wohl zum Scheitern verurteilt. Hier ist (s. a. Meyer, 1989) mit Recht darauf hinzuweisen, dass eine Verfolgung der Hatschepsut durchaus früher begonnen haben kann:

- so wurden im Festtempel des Thutmosis III. (Baubeginn Jahr 24) Sandsteinarchitrave aus einem - unbekannten - Bau der Hatschepsut als Pflastersteine wieder verwendet und so eingebaut, dass ihre Titulaturen nicht zu sehen sind. Allerdings kann aus einem Abbruch von Bauten noch nicht auf eine Verfolgung geschlossen werden, da Pharaonen vor und nach Thutmosis III. Vorgängerbauten abgerissen haben, um Platz für eigene Bauten zu bekommen.

- auch im Tempel des Ptah fanden sich Kalksteinblöcke mit der Titulatur der Hatschepsut, die aus einem Bauwerk stammen, das Thutmosis III. abgerissen hat. Da die Stiftungen von Thutmosis III. für den Tempel des Ptah seine Rückkehr von dem ersten Feldzug nach Syrien (Jahr 23) als höchstes Datum erwähnen, könnte auch dies auf eine bereits früh einsetzende Verfolgung der Hatschepsut hindeuten.

- die beiden Obelisken der Hatschepsut zwischen dem 5. und 6. Pylon wurden von Thutmosis III. beim Umbau des Zentralbereiches des Tempels in Karnak ummauert. Auf dem ummantelten Bereich haben sich intakte Darstellungen der Hatschepsut erhalten, während auf dem daraus herausragenden Bereich ihre Spuren getilgt wurden - bis auf die an der Spitze. Die Vermutung, zur Zeit der Ummantelung habe eine Verfolgung noch nicht stattgefunden, lässt sich problemlos mit dem Hinweis entkräften, dass eine Tilgung ihrer Spuren auf dem später ummauerten Teil nicht notwendig gewesen sei, da den ja eh keiner mehr sehen würde. Man hat ja offensichtlich auch davon abgesehen, ihre Spuren auf abgebauten Blöcken der Roten Kapelle noch zu tilgen.


Für eine offensichtlich früh einsetzende Verfolgung des Andenkens der Hatschepsut sprechen nach Ansicht von Eaton-Kraus (1998) auch neuere Befunde von Loeben (siehe auch Loeben, 2001) an den Statuen vor dem von Hatschepsut errichteten 8. Pylon im Karnak-Tempel (siehe auch "8. Pylon").
Vor dem Pylon stehen zwei kolossale Sitzstatuen aus Kalkstein, die beide einen "Erneuerungs-Text" aus dem Jahr 22 des Thutmosis III. zeigen und mit den Namen von Amenhotep I. (Djoser-ka-Ra) und Thutmosis II. (Aa-cheper-en-Ra) beschriftet sind.
Loeben erkennt in beiden Statuen ursprünglich Darstellungen der Hatschepsut, die Thutmosis III. wegen ihrer beeindruckenden Erscheinung bei seiner Verfolgung ihres Andenkens geschont und zugunsten seiner Vorfahren umgewidmet hat.

Dies wäre dann nach Eaton-Kraus das früheste Datum, das die Verfolgung ihres Andenkens anzeigt. Loeben selber schließt sich dieser Schlussfolgerung allerdings nicht an, denn er hält es durchaus für möglich, das Thutmosis III. "zurückdatiert" hat. Er hält es sogar für wahrscheinlich, dass die "Rückdatierungen" im Namen Thutmosis III. erst von dessen Nachfolger, Amenhotep II. durchgeführt wurden (mit Ausnahme der aus dem Jahr 42), da - wie die Dekoration des 8. Pylons zeigt - Amenhotep II. sich diesem Pylon besonders "gewidmet" hat.

Es lassen sich wahrscheinlich noch weitere Argumente dieser Art sowohl für eine bereits früh einsetzende als auch für eine späte Verfolgung des Andenkens der Hatschepsut zusammenstellen. Aber vielleicht liefert ja die Autobiographie des Ahmose Pennechbet den "richtigen" Hinweis. In dieser Autobiographie, die kurz nach dem Tode der Hatschepsut, also am Anfang der Alleinherrschaft des Thutmosis III., verfasst wurde, schreibt er:

"Ich habe begleitet die Könige von Ober- und Unterägypten, die Götter (= die inzwischen verstorbenen Könige), unter denen ich gelebt habe, auf ihren Gängen in dem südlichen und nördlichen Fremdlande, an jedem Ort, an den sie sich begaben, den König von Ober- und Unterägypten "Neb-pehti-Ra" (Ahmose I.), gerechtfertigt, den König von Ober- und Unterägypten "Djeser-ka-Ra" (Amenhotep I.), gerechtfertigt, den König von Ober- und Unterägypten "Aa-cheper-ka-Ra" (Thutmosis I.) den Seligen, den König von Ober- und Unterägypten "Aa-cheper-en-Ra" (Thutmosis II.) gerechtfertigt, bis zu diesem Guten Gott, dem König von Ober- und Unterägypten, "Men-cheper-Ra" (Thutmosis III.), der mit Leben beschenkt sei ewiglich.

Es erwies mir auch die Gunst die Gottesgemahlin, die Grosse Königliche Gemahlin "Maat-ka-Ra" (Hatschepsut), gerechtfertigt; ich zog auf ihre Grosse Tochter, die Königstochter Neferu-Ra, gerechtfertigt, als sie ein Kind war, das an den Brüsten lag." (zitiert nach Dorman, 1988, Grimm, Schoske, 1999).

Nicht nur, das Ahmose Pennechbet hier die legitime Reihenfolge der Pharaonen aufzählt, er erwähnt auch die kurz zuvor verstorbene illegitime Pharaonin Hatschepsut lediglich mit ihren Titeln "Gottesgemahlin" und "Grosse Königsgemahlin". Die Pharaonin, der er solange gedient hat, hat es also plötzlich nicht mehr gegeben.

Die Aufzählung der legitimen Vorgänger des Thutmosis III. deutet (vgl. Tyldesley, Meyer) dann auch schon den Grund für die Verfolgung der Maat-ka-Ra Hatschepsut an. Die Tilgung ihrer Darstellungen und Kartuschen verbunden mit dem Einsetzen seines eigenen Namens sowie den seines Vaters und Großvaters weist Thutmosis III. als direkten und legitimen Nachfolger in der männlichen Linie der Thutmosiden aus. Der Anlass dürfte wohl eher eine politische Notwendigkeit gewesen, als eine persönliche Rache! Möglicherweise wurde beabsichtigt, die "genealogische" Folge von Königen zu berichtigen (eine Thronfolge von Thutmosis I. über Thutmosis II. zu Thutmosis III. war vielleicht "optisch  besser", denn alle hatten ja kein königliches Blut in den Adern), möglicherweise war das Ziel auch eine Entfernung der "nicht-Maat-konformen" Herrschaft der Hatschepsut aus den Annalen. Aber eine Unterscheidung zwischen beiden möglichen Anlässen ist nicht möglich - denn das eine bewirkt auch das andere.


Gelegentlich findet sich allerdings der Hinweis auf eine andauernde "Verehrung" der Hatschepsut unter den direkten Nachfolgern der Thutmosis III. In der Regel wird dabei immer die Darstellung einer Statuengruppe im Grabe des Kenamun (TT 93, s. a. Porter&Moss, Bd. I-1) als Beleg bemüht (z.B. von Schulze, P. H. in "Herrin beider Länder", Bergisch Gladbach 1980, auf den sich dann andere beziehen).
In diesem Grabe finden sich lt. Porter&Moss auf der westlichen Wand der Querhalle, links von der Passage, die zur Grabkammer führt, im ersten von 4 Registern Darstellungen von Gabenbringern und Statuetten von Amenhotep II., Hatschepsut, und Thutmosis I. Ohne die Quellen zu bemühen wird hier Hatschepsut mit der Königin Hatschepsut-Khenemet-Amun gleich gesetzt und behauptet, dieser Name stünde auch in einer Kartusche. Schon Ratié (1979) wies darauf hin, dass neben der Kartusche der Titel einer "Mutter des Königs (mwt nsw)" steht, den Hatschepsut nie geführt hat - hier also nicht gemeint sein kann. Tatsächlich zeigt ein Blick in Lepsius "Denkmäler" (Bd. III, Text zu Grab 68 = Grab des Kenamun, Nr. 93 bei Porter&Moss, I-1, S. 190), dass in der Kartusche der Name der Mutter des Königs Amenhotep II. steht - H3t Sps.t-mr.t ra (s. a. folgende Abbildung aus Lepsius).


Die Beischrift vor der Kartusche lautet "Seine geliebte große kgl. Gemahlin, Mutter des Königs (=Hm.t nsw wr.t mr.t=f |mwt nsw).

Historie Genealogie Familie Gottesgemahlin Regentin Pharao

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