Senenmut

last update: 05.02.2010
 

TT71

 

Das Monument des Senenmut auf der Hügelkuppe "Scheich Abd el-Qurna" wurde 1930 von H. E. Winlock freigelegt. TT71 war jedoch schon in den 100 Jahren davor - trotz starker Zerstörungen - Ziel zahlreicher "Untersuchungen".
Wilkinson (1827 - 33), Hay (1824 - 38) und Wild (1842 - 48) kopierten Reste der Wanddekorationen, hinterließen jedoch keine Berichte über die ganze Anlage.
Die Lepsius-Expedition (1842 - 45) kopierte ebenfalls mehrere gesiegelte Ziegel sowie Texte, die auf "Stelen" in die Wand geschrieben worden waren - und nahm eine Stele mit einer Scheintür, die wohl eine zentrale Rolle beim Totenkult hätte spielen sollen, mit nach Berlin (heute im Ägyptischen Museum im Bodemuseum, Berlin; siehe unten).
Die überraschende Entdeckung von TT353 durch Winlock 1927 warf ein neues Licht auf TT71, aber Winlock konnte sich wegen TT353 nicht vor der Grabungssaison 1930 - 31 wieder TT71 zuwenden.

Die Darstellung zur Datierung von TT71 ist auf einer eigenen Seite zusammengefasst.

links der Grundriss von TT71 (N= Nischen; 1= Schacht, 2, 3= gemauerte Torpfosten), rechts eine Rekonstruktion der Frontansicht (oberhalb des Einganges die Fels-Nische mit der unfertigen Statue von Senenmut und Neferu-Ra; siehe unten); nach Dorman, 1991

TT71 wurde T-förmig in den Felsen getrieben (siehe Grundriss), davor lag ein Hof (ca. 40 m breit und 25 m tief), der aus zwei Terrasse gebildet wurde, die mit einer Rampe verbunden waren. Die Frontansicht der Anlage dürfte daher - in verkleinerter Form - Djeser djeseru geähnelt haben.
Unter dem Hof fanden 1936 A. Lansing und W. Hayes das Einkammergrab seiner Eltern. Die Lage des Elterngrabes direkt unter dem Hof dürfte im Gesamtkonzept der Anlage von TT71 beabsichtigt gewesen sein - wohlmöglich als Doppelbestattung zur Ehrung der der Eltern.

  links die Frontansicht von TT71 kurz nach der Entdeckung des Grabes seiner Eltern, dessen Eingang man in der rechten unteren Ecke des Bildes erkennt (Foto Dorman, 1991);

über dem zentralen Eingang der Anlage erkennt man oben den Eingang des Ganges, an dessen Ende eine Statue von Senenmut mit Neferu-Ra direkt aus dem Felsen geschlagen wurde (siehe unten)

 
  links die heutige Ansicht (März 2007) aus einer ähnlichen Perspektive;

ganz oben links auf dem Gipfel die Kapelle von "Scheich Abd el-Qurna"


Die Fassade von TT71 wurde direkt aus dem Fels geformt, lediglich kleinere Mörtelfüllungen wurden benötigt, um ein paar Risse zu füllen. Durch einen zentralen Eingang in der Fassade betrat man eine ca. 26 m breite Säulenhalle mit zwei Gängen, in deren Mitte acht Säulen standen (siehe Foto unten). In der geböschten Fassade wurden auf beiden Seiten des Einganges 4 Nischen eingelassen, in denen jeweils fast quadratische Fenster lagen, die die Halle beleuchteten. Die Sockel für die Fenster wurden direkt aus dem Fels geschlagen, die Unterkante der Fenster lag etwa 2.1 m (Unterkante) über dem Boden. In der Höhe der Fensterunterkanten war die Fassade noch ca. 1.5 m dick. Auf beiden Seiten des Einganges wurden zwischen den Fenstern noch je eine Nische eingefügt, die die Fassade weiter strukturierten. Die Nischenstruktur ist heute noch sehr gut zu erkennen (siehe Fotos oben).
Der obere Teil der Fassadenmauer ist zerstört (siehe Foto unten links) und konnte nur auf Grund archäologischer Untersuchungen rekonstruiert werden.
Die zentral angeordneten acht 16-kantigen Säulen mit einem Durchmesser von etwa 1.4 m wurden ebenfalls direkt aus dem Fels geschlagen und teilen die Säulenhalle in 2 Gänge (einen westlichen und einen östlichen Gang) auf. Die Höhe der Gänge liegt bei ca. 4.2 - 4.5 m und jeder Gang hatte eine anders geformte Decke. Die Breite der Halle erreichte ca. 5.2 m.


Oben die südlichen Reste der Säulenhalle in TT71, rechts der Eingang zum axialen Korridor.

In die Rückwand der Säulenhalle wurden mehrere, unterschiedlich große Nischen (N; siehe Grundriss oben) so in den Fels gehauen, dass sie durch die gegenüberliegenden Fenster im Morgenlicht beschienen wurden. Es gab keine Hinweise auf die Funktion dieser Nischen, es wurde vermutet, dass jede eine Statue von Senenmut aufnehmen sollte. Dafür gibt es aber keine Belege, denn es existiert nur eine Statue (Ägyptisches Museum im Bodemuseum, Berlin), die jemals mit TT71 in Zusammenhang gebracht wurde - allerdings ist diese Zuordnung ebenfalls fragwürdig.
In der südöstlichen Ecke der Säulenhalle (siehe links im Grundriss) wurde ein Schacht angelegt, der in 1.9 m Tiefe in eine kleine Kammer mündet (3.5 x 1 x 1.05 m). Diese Kammer sollte vermutlich den Sarkophag mit Senenmuts Mumie aufnehmen. Dieser Teil der Anlage war fast fertig, als die Arbeiten daran eingestellt wurden.

In der Mitte der Rückwand geht rechtwinklig zur Säulenhalle ein schmaler Gang 23 m tief in den Fels hinein und endet an einer Wand. Vor dieser Wand stand vermutlich die unten abgebildete Scheintür aus rotem Quarzit. Oberhalb dieser Scheintür, ca. 2.6 m über dem Boden des Ganges wurde eine weitere Nische in den Fels geschlagen (1.15 x 1.3 x 1.74 m), die mit Kalkstein verkleidet war (einige der Kalksteinblöcke sind noch in situ erhalten). In dieser Nische sollte vermutlich ebenfalls eine Statue des Senenmut aufgestellt werden.


Oben: Gang mit Nische, ganz hinten sind rechts oben Reste der Deckenbemalung zu erkennen. Die von Lepsius nach Berlin verbrachte Scheintür-Stele und die Blockstatue des Senenmut mit der Prinzessin Neferu-Ra (Museum Berlin, Objekte Nr. 2066 und 2096) hatten vermutlich ihre ursprüngliche Position unter bzw. in der Nische. Unten ein Bild des Berliner Würfelhockers des Senenmut mit Neferu-Ra, freundlicherweise zur Verfügung gestellt von M. Stuhr. Diese Statue wurde 1843 aus Privatbesitz angekauft, d.h. ihr Fundort und damit ggf. der Aufstellungsort ist leider nicht bekannt. 

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Oben die unfertige Blockstatue von Senenmut mit Prinzessin Neferu-Ra, in der Fels-Kapelle oberhalb von TT71 (Foto Dezember 2001); von dem ursprünglich vorhandenen Gang ist nichts mehr erhalten, die Statue steht inzwischen vollständig im Freien.
Außerhalb der eigentlichen Anlage  findet sich eine besondere architektonische Ergänzung.

Genau über dem mittleren Gang der Anlage und in Höhe der Oberkante der Fassadenfront wurde horizontal ein etwa 7 m langer und 2 m breiter Gang in den Fels geschlagen. An seinem westlichen Ende wurde, in einer flachen Vertiefung, eine Blockstatue aus dem Fels geschlagen. Wie der Gang selbst ist die unbeschriftete Statue nicht fertig gestellt worden.

Die grob behauene Statue ähnelt bekannten Darstellungen von Senenmut und Neferu-Ra. Daher ist es naheliegend, dass auch hier Senenmut und Neferu-Ra, die von Senenmuts Umhang umwickelt erscheint, dargestellt sind.


Parallelen zu dieser Ergänzung der Anlage gibt es, allerdings nur wenige. Senenmuts Zeitgenosse, Senimen - der einige Zeit für einen Bruder Senenmuts gehalten wurde - ließ u. a. ebenfalls eine solche Statue oberhalb seines Grabes, TT252, aufstellen, die ihn mit Neferu-Ra auf dem Schoß und zusammen mit seiner neben ihm stehenden Mutter, Seniemyah, zeigt.

Zustand von TT71
Die Querhalle ist zum großen Teil völlig zerstört, nur auf der südlichen Hälfte (siehe Foto oben) sind noch Teile der Decke und der tragenden Säulen erhalten - auf der nördlichen Hälfte ist die Decke vollkommen eingestürzt.
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Die Dekoration in TT71 war bis auf die eigentliche Kapelle vermutlich durchgehend vollendet. Von der ursprünglichen farbigen Wand- und Deckendekoration sind heute nur noch sehr geringe Reste erhalten, so unter anderem 9 stelenförmig geglättete Wandflächen mit Inschriften. Diese weisen alle deutliche Spuren von gezielten Zerstörungen auf.
Diese 9 Wandstelen gehören zu den eher ungewöhnlichen Dekorationselementen in TT71. Ich habe sie daher auf einer eigenen Seite TT71 - Wandstelen zusammengestellt und detailliert erläutert.
Die Reste der Dekoration im axialen Korridor und die in der Querhalle werden ebenfalls auf einer eigenen Seite präsentiert.

Auf der Decke der Querhalle finden sich die Namen seiner Eltern Ra-ms und @At-nfrt, die als zAb (Würdiger, Senior) und nbt-pr (Herrin des Hauses) bezeichnet werden, der einzige erhaltene Name des Senenmut, und auch ein Fluch gegen alle, die seinem Grabe Schaden zufügen:

"Was anbetrifft jeden Mann, der meiner Statue Böses zufügen wird,
nicht möge er folgen dem König seiner Zeit;
nicht möge er begraben werden in der westlichen Nekropole;
nicht möge ihm werden Lebenszeit auf Erden.
"
(aus Meyer, 1982)

Der Fluch war offensichtlich nicht von starker Wirkung, denn ein großer Teil der Dekoration wurde eindeutig mit Absicht zerstört. Für die Zerstörung der Götternamen dürfte wahrscheinlich die Amarna-Zeit verantwortlich sein. Für die Zerstörung der Bilder und Namen von Senenmut könnten sowohl Hatschepsut - falls er, wie häufiger vermutet wird, bei ihr in Ungnade gefallen ist (siehe auch "Aufstieg und Ende (?)"), - als auch Thutmosis III. verantwortlich gewesen sein.

Die Inschriften in TT71 zeigen, wie die auf seinen Statuen, einen starken Bezug auf sein Verhältnis zu Hatschepsut bzw. auf seine wohl von ihr geförderte besondere Stellung am Hofe. Innerhalb des Grabes finden sich dagegen keine Hinweise auf Neferu-Ra, lediglich die Felsstatue oberhalb der Anlage (und die Grabkegel) geben einen Bezug zu der Prinzessin wieder und deuten wohl auch an, dass sie bei Baubeginn noch am Leben war.

Zu den bedeutendsten Funden in TT71 gehören die oben abgebildete Scheintürstele (heute Berlin, Objekt 2066; Foto: L. Franke, 2010) und der Sarg des Senenmut.
Die Lepsius-Expedition fand die Scheintürstele an der hinteren Westwand liegend vor, ihre ursprüngliche Position wird unterhalb der Nische vermutet, wo wohl die Hauptkultstätte für den Totendienst war. Sie besteht aus einem einzigen gelben Quarzitblock, dessen Vorderseite als Scheintür gearbeitet wurde. Der Steinblock besaß bereits im Altertum einige Fehlstellen, die kleinere wurden mit eingefärbtem Mörtel, die großen mit zwei eingemörtelten Steinblöcken - die heute fehlen - ausgeglichen.
Die Dekoration zeigt eine Kapellenfassade mit Hohlkehle und Rundstab, in deren Mitte die eigentliche Scheintür mit Türrolle und einem Register für die "Speisetischszene" eingelassen ist. Die Tür ist mit dem Spruch aus dem Totenbuch (Nr. 148) von den 7 Kühen des Sonnengottes (links außen) und den 4 Steuerrudern des Himmels (rechts außen) beschriftet. Auf der rechten Außenseite sind unter dem Gott Anubis die vier Steuerruder dargestellt, allerdings abweichend von der üblichen Darstellung (als einfache Ruder) hier als mumienförmige Götter. Dieser Spruch aus dem Totenbuch soll den Verstorbenen im Jenseits vor jedem möglichen Schaden schützen und seine Nahrungsversorgung sichern.
Über dem Türsturz ist in der "Speisetisch-Szene" Senenmut dargestellt (in der Mitte), links sitzt sein Vater, den Arm um die Schulter Senenmuts legend, und ihm gegenüber seine Mutter, die ihm eine Lotosblüte an die Nase hält. Auf die Darstellung der üblichen Opfergaben wurde hier verzichtet.
Diese Scheintürstele des Senenmut ist in mehrfacher Hinsicht auffällig:
1. der verwendete Stein - Quarzit - war ausschließlich dem König vorbehalten (z.B. für Sarkophage) - Privatleute durften nur andere Gesteinsarten, z.B. Granit, verwenden.
2. dennoch benutzt Senenmut Quarzit für einen Teil seiner Grabanlage, der öffentlich zugänglich - also keineswegs versteckt - war.
3. die Scheintürstele weist eindeutig Reste einer blau/grünen Bemalung (auf dem Foto leider kaum zu erkennen - ein wenig noch rechts, in den Figuren des Anubis und der mumienförmigen Götter) auf - eine Farbe mit der ggf. Granit, aber normalerweise niemals Quarzit bemalt wurde (für den wurde ggf. gelbe Farbe genommen). 
Diese Auffälligkeiten drängen gerade zu den Schluss auf, dass diese Stele nicht nur eine Scheintür imitiert, sondern - durch die Bemalung - den Granit, den zu verwenden Senenmut allerhöchsten berechtigt war!

Aus seinen Grabanlagen sind die zwei folgenden Grabkegel erhalten.
Inschrift (Zenihiro, 2009): 

jmj-rA pr n jmn sn-n-mwt
Hm-nTr n jmn wsr-HAt sn-n-mwt mAa-xrw
jmj-rA pr n sAt-nswt nfrw-ra sn-n-mwt
jmj-rA jHw n jmn sn-n-mwt

Haushofmeister des Amun, Senenmut,
Priester der (Barke) 'Userhat-Amun', Senenmut gerechtfertigt,
Vermögensverwalter der kgl. Tochter, Neferu-Ra, Senenmut,
Aufseher der Rinder des Amun, Senenmut.

Grabkegel des Senenmut (zugewiesen zu TT71, siehe Dorman 1991); Macadam Nr. 84;
Ø ? cm
Metropolitan Museum of Art, New York
 
Inschrift (Zenihiro, 2009):

jmj-rA Snwtj n jmn sn-n-mwt
jmj-rA AHt n jmn sn-n-mwt
jmj-rA pr n Hmt-nTr HAt-Spst sn-n-mwt
jmj-rA aXnwtj sn-n-mwt mAa-xrw

Speichervorsteher des Amun, Senenmut,
Vorsteher der Felder des Amun, Senenmut,
Vermögensverwalter der Gottesgemahlin Hatschepsut, Senenmut, Kanzler, Senenmut gerechtfertigt.

Grabkegel des Senenmut (zugewiesen zu TT71, siehe Dorman 1991); Macadam Nr. 88;
Ø ? cm
   

  Inschrift (Zenihiro, 2009):

jmj-rA pr wr jmn jrj.n ra-ms ms.n HAt-nfr

Oberaufseher des Amun, geboren von Ramose, geboren von Hat-nefer

Grabkegel des Senenmut (TT71 oder 353); Macadam Nr. 261;
Ø ? cm
   

TT71 - Dekorationsreste in der Querhalle

TT71 - Wandstelen

TT71 - Dekorationsreste im Korridor

Funde in der Umgebung von TT71  

TT353


Historie Aufstieg und Ende (?) zurück

Copyright: Dr. Karl H. Leser (Iufaa)