Maat-ka-Ra Hatschepsut

last update: 14.04.2009

Genealogie

Möglicher Stammbaum der frühen 18. Dynastie, die gestrichelte rote Linie visualisiert die Ergebnisse der genetischen Untersuchungen von Woodward (siehe unten), die nahe legen, dass der unbekannte Vater von Thutmosis I. Amenhotep I. gewesen sein könnte. Dodson and Hilton (2004) vermuten in ihrem kürzlich erschienenen Buch "The Complete Royal Families of Ancient Egypt" das Ahmose-Sipairi, wahrscheinlich ein Sohn von Seqenenre Taa (II) der Gatte der Senisoneb und somit der Vater von Thutmosis I. gewesen sei.


Historischer Rückblick
Etwa 100 Jahre vor Hatschepsut, am Ende der "Zweiten Zwischenzeit" - die richtiger vielleicht als "Hyksos-Zeit" bezeichnet würde -, kommt in Waset (Theben) das Geschlecht der Ahmosiden an die Macht. Stammmutter ist Tetischeri, deren Vater Tjenna und deren Mutter Neferu eindeutig nicht königlicher Abstammung sind. Tetischeri war wohl die "Große Königsgemahlin" des Senacht-en-Ra, dem 1. Herrscher aus dem Haus der Ahmosiden, und trug darüber hinaus den Titel einer "Königsmutter".

Senacht-en-Ra musste wohl noch die Oberherrschaft der Hyksos anerkennen, aber seine Nachfolger und - wahrscheinlich - Söhne Seqen-en-Ra Tao und Kamose begannen sich gegen die Oberherrschaft der Hyksos und deren Konsequenzen aufzulehnen. Die Folge waren kriegerische Auseinandersetzungen, in denen Seqen-en-Ra Tao wohl auch getötet wurde. Kamose dringt mit seinem Heer schon bis zur Hauptstadt der Hyksos, Auaris vor, kann sie aber nicht einnehmen. Dies gelingt schließlich seinem Nachfolger Ahmose I., dem ältesten Sohn des Seqen-en-Ra Tao.


Ahmose I. vertreibt die Hyksos vollständig aus Ägypten und erobert schließlich auch deren asiatische Residenz Schahuren. Da ihm die Wiedervereinigung von Ober- und Unterägypten gelang, wird er in den Königslisten als 1. Herrscher der 18. Dynastie geführt, obwohl er von der Abstammung ebenso wie sein Nachfolger Amenhotep I. noch zu den Ahmosiden gehört.


Amenhotep I., Sohn des Ahmose I. und der "Großen Königsgemahlin" Ahmose-Nefertari, gelangt wahrscheinlich auf den Thron, weil sein ältester Bruder vorzeitig verstirbt. Zu der Zeit ist vermutlich Ahmose-Nefertari, die "Königsmutter" noch am Leben. Amenhotep I. hinterlässt keinen Nachfolger, denn sein Sohn Amenemhet stirbt ebenfalls im Kindesalter. Die männliche Linie der Ahmosiden stirbt somit aus - und Amenhotep I. wäre daher eigentlich der letzte Herrscher der 17. Dynastie.


Sein Nachfolger wird Thutmosis I.. Die Abstammung  seiner Mutter Sen(i)seneb A (Dodson and Ikram, 2004) - die lediglich den Titel "Königsmutter" trug -  ist ungeklärt, der Vater wird nirgends erwähnt.
Vor einigen Jahren hatte Woodward (Woodward S., The Ostracon, 12, 1, 2001) die Gelegenheit, an Proben von verschiedenen Mumien DNA-Untersuchungen durchzuführen, u. a. auch Untersuchungen der mitochondrialen DNA (mtDNA), die nur über die mütterliche Linie vererbt wird. mtDNA-Proben von der Mumie, die man als die Thutmosis I. ansah (Unknown Man; JE 26217, CG 61065) ergaben keine Verbindungen mit der Familie - was die Vermutung, das Sen(i)seneb nicht aus der königlichen Familie der Ahmosiden stammte, unterstützen würde.
Vereinzelt wurde auch die Vermutung geäußert, dass Sen(i)seneb zu einem Seitenzweig des alten thebanischen Herrscherhauses der Taosiden gehört haben könnte! Belege haben sich dafür bisher nicht gefunden.
Nach Woodward deuten zusätzliche Untersuchungen an DNA-Proben aus dem Zellkern darauf hin, dass Amenhotep I. jedoch der Vater des Mannes sein könnte, den man für Thutmosis I. hielt. Alle zitierten DNA-Untersuchungen von Woodward sind jedoch nie "lege artis" publiziert worden, sondern nur als einer Mitschrift eines Vortrages. Eine wissenschaftliche Überprüfung der Ergebnisse hat anscheinend nie stattgefunden.

Die Ergebnisse des CT-Scans der Mumie des "Unbekannten Mannes" (JE 26217, CG 61065), die vom SCA jüngst durchgeführt wurden, ergaben für die Mumie ein Sterbealter zwischen 25 und 35 Jahren. Darüber hinaus wurde ein ca. 2 cm großes Metallstück im rechten Brustkorb entdeckt, vermutlich eine Pfeilspitze. Da Thutmosis I. wahrscheinlich im Alter von ca. 50 Jahren starb und keinerlei Hinweise auf einen Tod im Kampf hinweisen, dürfte es sich bei dieser Mumie nicht um die des Thutmosis I. handeln. Die Untersuchungen von Woodward gingen somit von der falschen Voraussetzungen aus, dass die Mumie korrekt identifiziert worden war.
Nach Ikram und Dodson (1998) bzw. Dodson und Ikram (2004), könnte es sich bei der Mumie des "Unknown Man" (JE 26217, CG 61065) auch um die Mumie von Ahmose-Sipairi handeln, der möglicherweise ein Sohn von Taa II. und Aahotep I. war und auch schon mal als Vater von Thutmosis I. vorgeschlagen wurde.
 

Die Abstammung der "Großen Königsgemahlin" des Thutmosis I., der Ahmose, ist ebenfalls unklar. Man vermutet, dass die Mutter der Hatschepsut eine Prinzessin aus königlichen Hause war, die dem Thutmosis I. durch die Heirat zu einem legitimen Anspruch auf die Thronfolge verhalf. Gegen eine Zugehörigkeit zur königlichen Familie spricht aber die Tatsache, dass sie zwar als "Königsschwester" tituliert wurde, jedoch nie den Titel einer "Königstochter" erhielt. Der Titel einer "Königsschwester" könnte darauf hindeuten, dass sie möglicherweise eine (Halb-)Schwester des Thutmosis I. war.
Eine Identifikation der "Großen Königsgemahlin, Königsschwester" Ahmes mit der Ahmes-Nebetta (Königsschwester, Königstochter) ist nach Dodson und Hilton (2004) nicht plausibel, da die Titel nicht übereinstimmen (siehe auch: Gitton, M., Les Divines Epouses de la 18e Dynastie. Paris 1984). Ahmes-Nebetta, die auf der nur teilweise erhaltenen Statue Louvre N496 erwähnt wird, ist vermutlich eine Tochter von Taa II und Ahhotep I.
Wenn die aktuellen mtDNA-Untersuchungen des SCA tatsächlich eine Verwandschaft mit Ahmose-Nefertari belegen und die Identifikation der Mumie aus KV60 als Hatschepsut zutreffend ist, dann wäre diese die Großmutter der Hatschepsut und deren Mutter Ahmose eine Schwester von Amenhotep I.

Ahmose (JaH-ms)


Ahmose - die auf der Stele eines Mannes aus Edfu als die "Große Königsgemahlin, welche der König Thutmosis I. liebte" bezeichnet wird (Sethe, Urkunden IV, 31,1914) - wird bei verschiedenen Gelegenheiten in herausragender Position dargestellt. So erscheint auf einer Stele des Thutmosis II. und seiner Gemahlin Hatschepsut deren Mutter Ahmose, nicht aber die leibliche Mutter des Pharaos Thutmosis II., die "Königsmutter" Mut-nofret. Im Hauptheiligtum von Djeser djeseru wird die verstorbene Ahmose zusammen mit anderen verstorbenen Mitgliedern (Thutmosis I. und II., und der Neferubiti, der (Halb-)Schwester der Hatschepsut) der Familie der Hatschepsut zusammen mit den drei noch lebenden Mitgliedern (Hatschepsut, Neferu-Ra, Thutmosis III.) dargestellt.

Nach Sethe (1932) könnte die Hervorhebungen ihrer Person also auf eine Verbindung zur königlichen Familie der Ahmosiden hindeuten. Sethe verwiest in diesem Zusammenhang darauf, dass Namen mit einem Bezug auf den Gott "Mond (JaH)" in dieser Familie bei beiden Geschlechtern sehr beliebt waren. Zu den Trägern mit einem entsprechenden Namen gehören z. B. Ah-hotep ("der Mond ist zufrieden"), Gemahlin des Gründers der Dynastie, Ahmose, oder Ahmose-Nefertari, die Mutter von Amen-hotep I., Ahmose-Sat-Amun, Gemahlin des Amen-hotep I., und eben auch "Ahmose (der Mond ist geboren)". Er vermutet daher, dass Ahmose ebenfalls ein Familienmitglied war.


Eine Abstammung der Ahmose aus der königlichen Familie dürfte nicht nur zur Legitimation der Thronbesteigung des Thutmosis I. beigetragen haben, sondern sicherlich später auch bei der Legitimation der Herrschaft der Hatschepsut hilfreich gewesen sein - hätte Hatschepsut doch durch die mütterliche Linie zu den Ahmosiden einen gewissen Herrschaftsanspruch, zumindest einen gewichtigeren als Thutmosis III. (und andere!).


Im Zusammenhang mit der Abstammung von Ahmose ist möglicherweise auch interessant, dass die Mutter der Hatschepsut nie "Gottesgemahlin des Amun" war. Hatschepsut kann diesen Titel nicht von ihrer Mutter ererbt haben, sondern muss ihn wohl nach "Adoption" durch ihre Vorgängerin (Ahmose-Nefertari) in diesem Amt erhalten haben.

Thutmosis I. und die "Königsmutter" Sen(i)seneb.
Naville, E. "The Temple of Deir el-Bahari", 1894-1908, Tafeln XIII und XIV

Historie Familie Gottesgemahlin Regentin Pharao Ende

Copyright: Dr. Karl H. Leser (Iufaa)