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Die Obere Kapelle des Anubis (Kapelle der Eltern) auf der 3. Terrasse des Tempels Djeser djeseru
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update:
28.11.2015
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Die sogenannte Obere Kapelle des Anubis liegt auf der Nordseite der 3.
Terrasse und ist nur über das Sonnenheiligtum mit dem freistehenden Altar für Ra-Horakhti
zu erreichen. Die Kapelle ist zum Teil in den anliegenden Fels gearbeitet und gehört somit zur Klasse der Felstempeln (= Speos;
Witkowski, 1990).
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Der Eingang liegt in der Nordwand des Sonnenheiligtums (siehe Foto
unten). Ursprünglich befand sich in dieser Wand eine Nische, deren Überreste bei den Ausgrabungs- bzw. Restaurationsarbeiten entdeckt
wurden, d.h. die Kapelle gehörte nicht zum ursprünglichen Bauplan des Tempels. Hatschepsut hat diese dritte Nische abreißen bzw. zum Eingang in die Obere Anubis-Kapelle
umbauen lassen (Szafrański, 2001 und 2010). Am Eingang ließen sich Spuren einer
gelöschten Inschrift von Senenmut nachweisen (= Witkowski, 1990).
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Oben das Sonnenheiligtum mit dem Sonnenaltar vom Vestibül aus gesehen. Rechts
der Eingang zur Oberen Kapelle des Anubis,
gegenüber an der Westwand und an der Wand links die beiden Nischen.
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Grundriss der Oberen Anubis Kapelle (modifiziert nach Witkowski, 1990).
Die römischen Ziffern bezeichnen die von Naville mit diesen Ziffern publizierten Szenen. |
Im Gegensatz zur Unteren Kapelle des Anubis,
die aus Säulenhalle, Vestibül, und 2 Räumen besteht, verfügt die Obere Kapelle
nur über zwei Räume (Säulenhalle und Vestibül fehlen). Die Dekoration in diesen
beiden Räumen ist aber nahezu identisch mit der Dekoration der beiden
entsprechenden Räume in der Unteren Anubis-Kapelle (Witkowski, 1989) |
In beiden Räumen wurde die Dekoration bereits im Altertum
teilweise zerstört, was jedoch erhalten geblieben ist, zeugt von hoher Qualität der Arbeiten
. Die Götterdarstellungen wurden in der Zeit von Echnaton grob
zerstört, die Darstellungen der Hatschepsut nach ihrem Tode, vermutlich unter
Thutmosis III. präzise ausgemeißelt (Szafrański, 2010). Die Zeit der Zerstörung lässt sich
somit anhand der unterschiedlichen Methoden des Ausmeißelns in den beiden Perioden
eindeutig unterscheiden. |
Das folgende Bild zeigt den ersten Raum der Kapelle. |
Szene auf der Rückwand des ersten Raumes (Ausschnitt aus dem
obigen Foto. |
Die Szene an Rückwand (Nordwand) des ersten Raumes der Oberen Kapelle war sehr ähnlich gestaltet
worden wie die Rückwand im ersten Raum der Unteren Kapelle. Die Szene zeigte auf
der rechten Seite Hatschepsut, gefolgt von ihrem Vater, vor dem
jmj-wt-Fetisch,
der links in einem Schrein steht. In der Oberen Kapelle wurden allerdings die
Darstellungen der Hatschepsut und des Fetisch zerstört (in der Unteren Kapelle
ist der Fetisch dagegen erhalten). Die gesamte Szene überspannt eine
Himmelshieroglyphe mit Sternen und eine geflügelte Sonnenscheibe mit Uräen. |
Im Tympanon oberhalb der Szene ist rechts und links der Kartusche der
Hatschepsut zwei als sitzende Schakale dargestellt, die jeweils ein anx-Zeichen
über die Kartusche halten. Der Schakal auf der rechten (östlichen) Seite wird
durch die Beischrift als "jmj-wt Tpj-Dw-f =
Imiut auf seinem Berge" identifiziert. Auch diese Szene wird - allerdings von einer gekrümmten
- Himmelshieroglyphe und einer geflügelten Sonnenscheibe mit Uräen gekrönt
(siehe folgende Abbildung). |
Darstellung im Tympanon (der Nordwand) des ersten Raumes
(Ausschnitt aus dem Gesamtbild oben). |
Auf beiden Seiten wird die Himmelshieroglyphe durch
eine der Wappenpflanzen Ägyptens gestützt (links durch Papyrus, rechts durch
eine Lotuspflanze / Lilienpflanze). Allerdings korreliert diese Darstellung
nicht mit der üblichen Zuweisung
Papyrus = Unterägypten (Norden) und Lotus = Oberägypten (Süden) nicht angewendet
werden, denn die Darstellung befindet sich an einer Nordwand. Die ganze
Darstellung auf der Stirnwand ist gegen die Seitenwände und die Decke mit
farbigen Bändern abgesetzt. |
Quer über den gesamten
unteren Bereich der Nordwand erstreckte sich eine Bank. Auf dieser Bank konnten Gaben
für die Gottheit aufgestellt werden. |
Beide Seitenwände des ersten Raumes zeigen Hatschepsut bei Kulthandlungen vor
verschiedenen Göttern. Die Ostwand zeigt in insgesamt 5 Szenen Hatschepsut,
die vor Amun-Ra (Weihrauch-Kügelchen), Anubis (Weihrauch-Kügelchen), Osiris-Chontamenti
(4 Vasen mit Wasser), Sokar (Krug mit Wasser, gegossen über das Haupt des
Gottes) Gaben überreicht und "die Kleider / den Schleier von Ptah abnimmt". |
Die
Westwand trägt 3 Szenen, in denen Hatschepsut in zwei Szenen Gaben vor Anubis
(1. Szene, heiliges Öl, 2. Szene, Kuchen) und in der dritten vor Amun (Verbrennen
von Weihrauch) darbringt. |
Auf beiden Wänden sind die Szenen gegen den Sternenhimmel der gewölbten Decke
mit (von unten nach oben) einem Sternenband, einer Farbleiter, und mit
Hatschepsut-Kryptogrammen (der letzten Entwicklungsstufe, s. a.: Sankiewicz, M., Cryptogram Uraeus Frieze in the Hatshepsut Temple at Deir
el-Bahari. Études et Travaux XXII, 2008, S. 200-214) abgesetzt. Der farbige
Uräen-Fries ist bis auf die zerstörten Ka-Zeichen fast perfekt erhalten (siehe
übernächstes Foto). |
Von der Westwand des ersten Raumes geht nach etwa 5 m ein kleinerer Raum nach Westen ab. |
Die Szene auf der Stirnwand (Westwand) zeigte auf der linken Seite Hatschepsut (zerstört), die
vor dem Gott "Anubis, der auf seinem Hügel ist" (rechts, zerstört),
steht. Anubis hält ihr mit der einen Hand ein anx-Zeichen an die Nase,
mit der andere ergreift er die Hand der Königin. Die
ganze Szene überdeckt eine mit Sternen dekorierte Himmelshieroglyphe (siehe
unten). |
Das Tympanon zeigt in der Mitte eine Kartusche der Hatschepsut,
eingerahmt auf beiden Seiten von "Dj anx-f". Darüber
erstreckt sich schützend ein geflügelte Sonnenscheibe mit Uräen (= BHdtj).
Die ganze Szene wird überdeckt von einer mit Sternen dekorierten
Himmelhieroglyphe, die rechts und links jeweils durch ein "wAs"-Zeichen
gestützt wird. Die ganze Szene wird von einer Farbleiter und einer Kette aus
Kartuschen umschlossen. |
Empfang der Hatschepsut durch Anubis auf der Stirnwand (Westwand) des zweiten Raumes,
der ihr "Leben" schenkt (aus: Naville, The Temple of Deir el-Bahari I.
1894-1908, Tafel XII). |
Das Tympanon oberhalb der Tür in der Ostwand (siege folgendes Foto) zeigt - soweit
erhalten - die gleiche Darstellung wir das Tympanon auf der Westseite des
zweiten Raumes. |
Innenseite des Einganges zu Raum 2 (Ausschnitt aus Foto 9 von:
Szafrański
2010). Das kleine schwarze Dreieck zeigt auf das Loch im Türrahmen, durch das
einst die Schnur zum Verschließen der Tür gezogen wurde. |
Die Nordwand der Raumes zeigte auf der Westseite einen
inthronisierten Schakalgott (Darstellung zerstört), der nach Osten auf Tische
mit Gaben schaut, vor denen auf der Ostseite Thutmosis
I. und dessen Mutter, Seniseneb (siehe unten Tafel XIII aus Naville), stehen. |
Seniseneb, Mutter Thutmosis I. auf der Nordwand des zweiten
Raumes (Zeichnung H. Carter aus: Naville, The Temple of Deir el-Bahari I. 1894-1908, Tafel XIII). |
Die Südwand des Raumes zeigte auf der Westseite einen
inthronisierten Amun-Ra, der nach Osten auf Gabentische schaut, vor denen
Hatschepsut (Darstellung zerstört) und hinter ihr ihre Mutter, die "Schwester
des Königs, die Große Königliche Gemahlin, die Mutter des Königs" Ahmose, stehen.
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Sowohl Hatschepsut als auch ihr Vater Thutmosis I. werden in den Darstellungen
jeweils nur von ihrer Mutter begleitet, nicht von ihren Vätern. |
Südwand des zweiten Raumes: der inthronisierte Amun-Ra
(rechts) schaut auf Hatschepsut (gelöscht) und ihre Mutter, Ahmose, die links vor Tischen mit Gaben stehen
(aus: Naville, The Temple of Deir el-Bahari I. 1894-1908, Tafel XVI). |
Interessant sind die Beschriftungen auf den Gefäßen des zweiten
Tisches (siehe oben): das linke Gefäß ist nach der Kartusche eine Gabe von Thutmosis III.,
das rechte Gefäß eine Gabe von Ahmose-Nefertari. |
Auf beiden Wänden sind die Szenen mit einem Himmelszeichen, dekoriert mit Sternen, und einem Farbband
gegen den Sternenhimmel der gewölbten Decke
mit abgesetzt (siehe oben). |
Direkt neben dem Eingang findet sich auf der linken Seite
(Südwand) des Raumes noch eine Zeichnung des anbetend knienden Senenmut. Die Zeichnung wurde
nie in ein Relief umgearbeitet, was zu der Vermutung Anlass gibt, dass dieser
Raum nicht fertig gestellt worden sei. |
Im Gegensatz zu zahlreichen anderen Darstellungen Senenmuts,
z.B. in den Nischen der oberen Terrasse, wurde diese Figur nicht von der Tür
verdeckt, die in den Raum führte. Die Drehachse der Tür lag auf der Nordseite
des Einganges, d.h. die Tür öffnete sich nach rechts (zur Nordwand hin). Ein
kleines Loch in der südlichen (linken ) Türleibung diente zum Befestigen der
geschlossenen Tür mittels einer Schnur (Witkowski, 1990). |
Die Darstellung von Thutmosis I. und seiner Mutter, Seniseneb,
auf der Nordwand des zweiten Raum hat vermutlich Naville (loc. cit.) dazu verleitet, in der Oberen Anubis-Kapelle eine
Gedenkkapelle für Thutmosis I. zu sehen. Witkowski (1989) verweist darauf, dass
diese zuweilen verwendete Bezeichnung "Kapelle Thutmosis I." ebenso unzutreffend ist, wie die Bezeichnung "Kapelle der
Eltern der Königin" (da sowohl ihr Vater, Thutmosis I., als auch ihre Mutter, Ahmose, in dem
Raum dargestellt worden sind). |
Witkowski (1989) wies darauf hin, dass die Untere Anubis-Kapelle
- im Gegensatz zur Oberen Kapelle des Anubis - über alle funktionalen Elemente
eines unabhängigen Tempels verfügte. Darüber hinaus wies er auch darauf hin, dass
die Dekoration in diesen beiden Räumen der Oberen Kapelle nahezu identisch mit
der Dekoration der beiden entsprechenden Räume in der Unteren Anubis-Kapelle ist. Somit
stellt sich die Frage, warum Hatschepsut zwei Kapellen für Anubis erbaut haben
könnte. |
Witkowski schrieb (1993): "En fait, ce redoublement est un
phénomène unique dans toute l'histoire de l'Egypte pharaonique, phénomène
d'autant plus attrayant que dans les temples de Millions d'Années postérieurs au
règne d'Hatchepsout, les chapelles d'Anubis disparaissent et sont très
probablement remplacées par les complexes des Sokar". |
Nach Witkowski sind die doppelten Anubis-Kapellen im Tempel der
Hatschepsut somit ein einmaliges Phänomen in
der pharaonischen Geschichte Ägyptens und wurden nach der Herrschaft der
Hatschepsut in den Millionenjahr-Häusern durch
Sokar-Komplexe ersetzt. Laut Ullmann (2002) sind vor der Regierungszeit der Hatschepsut "Häuser der
Millionen von Jahren (= @w.t n.t HH.w m rnp.wt)" nur für drei
Könige (Amenemhet III., Sobekhotep IV., Ahmose) inschriftlich belegt, keiner dieser Tempel konnte bisher
bisher lokalisiert oder mit den bekannten Bauten dieser Könige identifiziert
werden. Eine Aussage über die Existenz von Kapellen für Anubis in
Millionenjahr-Häusern ist für die Zeit vor Hatschepsut somit nicht möglich. |
Die fragmentarisch erhaltenen Inschrift eines Blocks aus
Theben-West belegt ein weiteres Millionenjahr-Haus der Hatschepsut (Ullmann,
2002). Welchem der zahlreichen Bauwerke der Hatschepsut in Theben-West der Block
zuzuordnen wäre, ist ungeklärt. Somit sind auch keine Aussagen über
Anubis-Kapellen in diesem Tempel möglich. |
Für ihren direkten Nachfolger, Thutmosis III., sind drei
Millionenjahr-Häuser bekannt, zwei Tempel in Theben-West (der Totentempel am
Rande des Fruchtlands namens @nk.t-anx und der Tempel in Deir el-Bahari
namens +sr-Axt) sowie das Ax-mnw in Karnak. Die
beiden Tempel in Theben-West sind weitgehend zerstört und werden gerade
ausgegraben, über die Existenz von Kapellen für Anubis sind somit keine Aussagen möglich.
Das Ax-mnw verfügt über einen Sokar-Komplex, aber nicht über eine
Kapelle für Anubis (Porter & Moss II erwähnen eine einzige Szene mit Anubis im
Alexander-Sanktuar, Raum XXIX). |
Die singuläre Stellung der doppelten Anubis-Kapellen im Tempel +sr-Dsr.w
könnte somit auch darauf beruhen, dass viele "Häuser der Millionen von Jahren"
bisher nicht aufgefunden oder identifiziert werden konnten. |
Auffällig ist allerdings, dass in der Oberen Anubis-Kapelle, im Gegensatz
zu anderen Tempelarealen, keine Restaurierungen in der Nach-Amarnazeit durch
Haremhab oder die ersten Herrscher der 19. Dynastie durchgeführt worden sind. Szafrański
(2010) vermutet daher, dass die Obere Anubis-Kapelle eine besondere Bedeutung
für Hatschepsut hatte, die für ihre Nachfolger nicht (mehr) relevant war, so
dass eine Restaurierung nicht notwendig erschien. |
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