Maat-ka-Ra Hatschepsut

last update: 26.03.2008

Pfeilerhallen des Tempels Djeser djeseru

2. Portikus - Punthalle

Zwei Reihen mit je 11 Pfeilern - wie in allen anderen Hallen auch - bilden zur mittleren Terrasse hin die Front der linken Pfeilerhalle. Die Reliefs in der Halle beschreiben mit  geradezu wissenschaftlichem Ehrgeiz die Handelsexpedition in das Land Punt, die im Jahr 9 der Hatschepsut durchgeführt wurde. Die Darstellungen beginnen auf der Südseite der Längswand unten, gehen danach auf die kurze Wand unten über, und laufen dann in den oberen Reihen auf der Längswand wieder zurück. 


Das obige Schema zeigt die Anordnung der Szenen in der Punt-Halle. Früher war es möglich, die einzelnen Szenen von der hinteren Pfeilerreihe aus ca. 1 m Abstand zu betrachten. Seit der Wintersaison 2001/2002 ist in den beiden oberen Flügeln des 1. Portikus der Zugang durch neue Geländer auf der Höhe der vorderen Pfeilerreihe abgesperrt. Dies dient vor allem dem Schutz der Reliefs auf den Pfeilern, erschwert aber die Betrachtung der Wandreliefs.
Daher eine grobe Aufzählung der Szenen anhand der oben eingetragenen Zahlen:
1 - dieses Register zeigt die Ankunft der Schiffe in Punt
2 - Begrüßung der Expedition in Punt
3 - Geschenke werden übergeben, oberhalb von 3 tragen Männer Bäume mit Wurzelballen
4 - Beladen der Schiffe mit dem "Tribut" aus Punt
5 - Rückkehr der Expedition
6 - Geschenke für den Herrn von Punt
7 - Hatschepsut überreicht Geschenke aus Punt an Amun
     7a - Hatschepsut
     7b - drei große Bäume
8 - Wiegen und Messen
     8a - Myrrhe-Haufen
zwischen den Registern 8 und 9 befindet sich ausschließlich Text
9 - der Erfolg der Expedition nach Punt wird (vor) Amun bekanntgegeben
9a - Thutmosis III. opfert Weihrauch vor Amun
9b - Hatschepsut, vor Amun stehend
9c - Amun auf seinem Thron
10 - der Erfolg der Expedition wird vor dem Hofe bekannt gegeben

In der ägyptischen Geschichte war dies allerdings nicht die erste Expedition nach Punt, schon im Alten und im Mittleren Reich wurden offensichtlich bereits Schiffsexpeditionen nach Punt durchgeführt (z.B. im Mittleren Reich von Mentuhotep II., Senwosret I. und Amenemhet II.). Die Lage des Landes Punt konnte man bisher nicht lokalisieren, es dürfte jedoch an der Ostküste Afrikas gelegen haben (eine Zusammenfassung der Literatur bzgl. der Lokalisation des Landes Punt habe ich auf einer eigenen Seite zusammengestellt). Nach den in den Reliefs dargestellten Tieren und Pflanzen kommt das Gebiet von der sudanesischen bis hin zur somalischen Küste in Frage.
Ausgangspunkt der Schiffsreise war wahrscheinlich ein Hafen in der Gegend von Quseir am Roten Meer, den man von Koptos aus über eine Wüstenstraße erreichte. Nach allgemeiner Ansicht waren die Ägypter keine großen Seefahrer. Wenn man dieser Ansicht folgt, dann dürfte die Fahrt entlang der ostafrikanischen Küste südwärts der Leistung und natürlich dem Abenteuer entsprechen,  dass spanische und portugiesische Seefahrer im ausklingenden Mittelalter auf der Suche nach dem Seeweg nach Indien erbrachten bzw. eingingen. Wie aber das Ergebnis der von Hatschepsut ausgesandten Expedition zeigt, wurden Aufwand und Risiko mehr als ausgeglichen, denn spätere Pharaonen wie Thutmosis III. und Amenhotep III.  schickten wieder Handelsmissionen nach Punt.


Die berühmte Königin von Punt, Itj; Foto des Originals aus dem Museum in Kairo (No. 34419) , in der Punthalle in Deir el-Bahari wurde eine Kopie eingesetzt

Das obige Bild zeigt die Einordnung des Ausschnitts mit der Königin von Punt in die umgebenden Szenen des Reliefs (aus Wilkinson, 2000), der rechte Teil der Szene im unteren Registern mit Darstellung des Gesandten Nehesj vor einer Gruppe Soldaten ist auch auf einem Foto weiter unten zu sehen

Das Abbild der Königin von Punt, Itj, war offensichtlich so faszinierend für die alten Ägypter,  dass - vermutlich in ramessidischer Zeit - ein Künstler auf einer Kalksteinscherbe (H: 14 cm, B: 8 cm) eine Kopie des entsprechenden Reliefteils anfertigte, die er dann mitnahm. Das obige Ostrakon wurde in oder bei der Arbeitersiedlung in Deir el-Medine gefunden und befindet sich heute im Besitz des Ägyptischen Museums, Berlin, Nr. 21442

Selbstverständlich wurde eine solche Reise nicht ohne den Segen der Götter unternommen. Zur Punt-Expedition der Hatschepsut gab sogar Amun selbst den Auftrag und verbürgte sich für eine erfolgreiche Reise. Die - wie wir sehen werden - erfolgreiche Reise steigerte sicherlich das Ansehen der Königin, wodurch gleichzeitig belegt wurde, dass ihre Herrschaft von den Göttern gesegnet und im Einklang mit der "Maat" war. Folgerichtig ließ Hatschepsut dieses bedeutende Ereignis auch in Deir el-Bahari festhalten, von der räumlichen Anordnung her im 2. Portikus in vergleichbarer Bedeutung zur Darstellung ihres Geburtsmythos.


Abweichend von der sonst üblichen kanonisierten Darstellungsweise auf ägyptischen Bauwerken wird die Reise sehr realistisch dargestellt, man hat fast das Gefühl, die Künstler wären auf der Reise dabei gewesen und hätten einheimische Bevölkerung, Tiere, Pflanzen und die beleibte Königin selbst gesehen. Diese meisterlichen Darstellungen haben zahlreiche "Liebhaber" gefunden, so dass die Wand bald nach der Freilegung durch Mariette (1858; noch im ersten Jahr seiner Bestallung als Konservator aller ägyptischen Monumente!) geplündert wurde und heute zahlreiche Lücken aufweist. Der oben gezeigte Block mit der Königin von Punt, Itj, ist der einzige, der von ihren Abbildungen übrig geblieben ist. Man hat ihn daher ins Museum nach Kairo gebracht und in der Wand eine Nachbildung eingesetzt.

Der Text über den auslaufenden 5 Schiffen, deren Bug nach Süden weist, nennt die Aufgaben der Expedition (siehe unten), über den Weg nach Punt gibt er jedoch keine Auskunft, außer, dass man in Frieden nach Punt gelangte.
Der ganze Text erweckt die Illusion, als sei der Gesandte der Hatschepsut, Schatzmeister Nehesj, nach Punt aufgebrochen, um fälligen Tribut einzutreiben. Natürlich handelte es sich um eine Handelsexpedition mit dem Ziel, einheimische Produkte wie Weihrauch, Ebenholz, Gold, Elfenbein und Felle gegen ziemlich kümmerliche ägyptische Produkte wie Perlen und Waffen einzutauschen. Die Begleitung von 5 Schiffen mit Soldaten (siehe unten) dürfte diesen etwas einseitigen Handel sicherlich auch begünstigt haben.


Oben ein Reliefausschnitt auf dem gezeigt wird, wie die von den Ägyptern gewünschte Waren von einheimischen Trägern und auf Eseln herbeigebracht werden. Wie das Bild der Königin wurde dieses Teil aus dem Tempel gestohlen, nachdem es wiedergefunden wurde, brachte man es daher  sicherheitshalber im Museum in Kairo unter; in Deir el-Bahari wurde eine Kopie eingesetzt.

Der Gesandte Nehesj mit einem Trupp Soldaten vor aufgehäuften Geschenken für den Herrn von Punt

Das Hauptinteresse der Ägypter lag im Erwerb wertvoller Harze, u.a. Myrrhe (Commiphora myrrha) und Weihrauch (Boswellia carterii), die zur Herstellung von Räuchermitteln benötigt wurden. Diese wurden bei den täglichen Tempelritualen in Mengen verbrannt, aber auch bei der Mumifizierung und selbst in Arzneimitteln verwendet. Kleine Myrrhekügelchen wurden z.B. auch zur Linderung des Mundgeruches gekaut. Im baumarmen Ägypten selbst kamen Weihrauchsorten nur in geringem Maße vor. Daher gehörte es zum Auftrag des Nehesj, aus Punt nicht nur Harze sondern auch pflanzfähige Bäume - also mit Pflanzballen (siehe folgende Abbildung) - mitzubringen, die dann in den Tempelanlagen des Amun eingepflanzt wurden. In Deir el-Bahari wurden rechts und links vor der 1. Rampe zur mittleren Terrasse, um T-förmige Wasserbecken herum,  die Stümpfe von Bäumen gefunden, man nimmt an,  dass es sich um die Überreste von Exemplaren handelt, die aus Punt herangeschafft wurden.

Ägypter tragen einen Baum samt Wurzelballen aus Punt; links das Relief, rechts eine Zeichnung der Szene; entnommen: Tyldesley, Hatschepsut - der weibliche Pharao, 1996

Wie Edel (1984) in einer Festschrift für Helck durch eine neue Analyse des bereits lange bekannten Textes des Hrw-xwjf (= Herchuf = Harkhuf, der zur Zeit der 6. Dynastie unter Pepi II. lebte) zeigen konnte, zählten zu den erwünschten Produkten aus Punt auch Stoffe, die zum Parfümieren (der Hände) dienten. Alle Produkte, die Hrw-xwjf  aus dem Lande JAm mitbrachte, konnten demnach auch aus Punt bezogen werden. Im Vergleich mit verschiedenen Quellen, darunter das Grab des cA-rnpwt I. (Sa-renput I. in Qubbet el-Hawa, Aswan, 12. Dyn. unter Senwosret I.), der Puntinschrift der Hatschepsut, dem Märchen vom Schiffbrüchigen, etc. listete Edel folgende Produkte aus Punt auf:
Herchuf  Hatschepsut Schiffbrüchiger
Olibanum snTr snTr sntr
Ebenholz hbnj hbnj -
"Lobpreis" = eines der 7 heiligen Öle Hknw - Hknw
aromatisches Produkt, das nach der Mahlzeit zum Riechen oder Parfümieren gereicht wurde SsAt xs(A)yt xs(A)yt
Gepardenfell bA jnmw njw Aby Sma -
Hauer (mswA = nDHt ) des Elefanten / Elfenbein) mswA Abw Abw nDHt nt Abw
Wurfhölzer der Puntleute TnjA amoaA(w)t njw Pwntjw -

Nach den auslaufenden Schiffen zeigen die folgenden Reliefs bereits die Ankunft der Schiffe in Punt, wo die Ägypter ein Dorf, umgeben von einem Wald aus Palmen, Ebenholz- und Weihrauchbäumen, ausfindig machen. Es folgt die Darstellung der freundlichen Begrüßung durch die einheimische Bevölkerung. Sehr realistisch werden die landesüblichen kegelförmigen Pfahlbauten (siehe unten) und die einheimischen Tierarten (darunter Rinder, Wachhunde, Panther oder Leoparden; ein stark beschädigtes Bild zeigte möglicherweise auch ein Nashorn) dargestellt. Nehesj, begleitet von Soldaten und deren Hauptmann, wird freundlich von dem Häuptling (Fürst Parahu, PArAhw) und seiner Familie (Frau Itj, Tochter und 2 Söhne) empfangen. Der Häuptling wird hellhäutiger dargestellt als die anderen Einwohner des Dorfes, fast wie ein Ägypter, aber Spitzbart und Ringe als Beinschmuck kennzeichnen ihn als Fremden. Seine unförmige Frau (siehe Reliefabbildung oben) mit schwabbeliger Gestalt und ausladendem Fettsteiß hat sicherlich auf die Ägypter sehr fremdartig gewirkt. Da ihr das Laufen offensichtlich schwer fiel, wurde sie von einem kleinen Esel getragen, wie sie allerdings über die Leiter ins Haus gelangen ist, wird nicht berichtet. 
Die von Nehesj mitgebrachten Geschenke (u.a. Schmuckstücke, Axt, Dolch) verstärken die freundschaftlichen Beziehungen zu den Einwohner so sehr,  dass Nehesj den Häuptling schließlich in seinem Zelt zu einem Festmahl empfängt.

Landschaft aus Punt mit einem Pfahlbau (in der Mitte des Bildes erkennt man die Leiter); unterhalb des Baues einen Fluss (über dem roten Band) und darin mehrere Fische (z.B. im letzten vollständigen Block rechts) und eine Schildkröte (im Wasser über dem 3. unteren Block)

Die Ägypter blieben offensichtlich mehrere Wochen an Land und unternahmen wahrscheinlich geführt von Einheimischen auch längere Expeditionen ins Landesinnere, um sich Ebenholz und Weihrauch zu verschaffen. Möglicherweise war dies auch ein "Zwangsaufenthalt", abhängig von den Winden, die eine Rückreise ermöglichten. Die nächsten Reliefs zeigen dann das Beladen der Schiffe für die Rückreise (siehe unten), über die aber genauso wenig berichtet wird, wie über die Hinfahrt.


Die Punt-Flotte der Hatschepsut in Deir el-Bahari; links oben das Beladen der Schiffe (aus: Säve-Söderbergh, T., "The Navy of the Eighteenth Egyptian Dynasty", Uppsala Universitets Årsskrift, 1946). Unterhalb der Schiffe sind diverse marine Lebewesen dargestellt, die im Meer vor Punt vorkommen sollten (siehe auch: Lokalisation des Landes Punt). 


Die folgenden Darstellungen zeigen dann bereits die Ankunft und das Entladen der Schiffe in Anwesenheit der Hatschepsut in Theben. Da es keine Verbindung vom Roten Meer zum Nil gab, ist es fraglich, wie die Schiffe nach Theben gekommen sind. Möglicherweise wurden sie im Hafen am Roten Meer zerlegt und über die Wüstenstraße transportiert (sowohl auf dem Hin- als auch auf dem Rückweg?), andererseits zeigen die Reliefs in diesem Falle vielleicht auch nur die Schiffe, die die mitgebrachten Schätze von Koptos aus auf dem Nil transportiert haben. Im Papyrus Harris I, aus der Zeit des Ramses III. (20. Dynastie) wird berichtet, wie die Waren auf Träger und Esel umgeladen, in Koptos wieder auf Schiffe gebracht wurden, mit denen sie dann den Nil abwärts (kann in diesem Falle nicht nach Theben gewesen sein) transportiert wurden.
Den wertvollsten Teil der mitgebrachten Waren weiht Hatschepsut, in Anwesenheit von Nehesj und dem daneben stehendem Senenmut, stolz ihrem Vater Amun. Die Figuren der Hatschepsut, des Nehesj und des Senenmut sowie ein  bedeutender Teil der Texte wurden schon im Altertum herausgeschlagen. Jetzt erscheint an dieser Stelle Thutmosis III., der mit der Khepresch-Krone geschmückt, Amun zwei Töpfe mit Weihrauch darbringt (unten). Diese Änderungen dürften damit wohl auf das Usurpationsprogramm des Thutmosis III. zurückgehen.

Die Darstellungen zur Punt-Reise enden mit der Verkündigung der erfolgreichen Durchführung vor dem gesamten Hofstaat. Die folgende Abbildung zeigt die Königin bei dieser Verkündigung auf den Thron sitzend, hinter ihr steht ihr Ka.

Der ganze Thron wird getragen von zwei gegenläufig schreitenden Löwen, von denen einer in der folgenden Abbildung dargestellt ist.


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Beschreibung des Bauwerks 2. Portikus

Copyright: Dr. Karl H. Leser (Iufaa)