Maat-ka-Ra Hatshepsut

1. Portikus - Jagdhalle

update: 21.11.2011

Die nördliche Pfeilerhalle zeigt mehrere Ritualszenen, darunter auch den Vogelfang im Sumpfland mit einem Schlagnetz, der der Halle wohl den Namen "Jagdhalle" gegeben hat.

Die Ritualszenen beginnen auf der südlichen Querwand (an der Rampe) mit einer stark zerstörten (ausgehackten) "Feindvernichtungsszene", wobei anstelle des sonst stehenden Königs hier Hatschepsut als Sphinx mit Menschenkopf dargestellt ist, die die Feinde nicht erschlägt, sondern zertrampelt.
Der Königin gegenüber sind übereinander stehend zwei Götter dargestellt, der Name der oberen Gottheit ist zerstört, der unten dargestellte Gott ist Sopdu ( = Spdw).
Trotz der starken Zerstörung der Szene konnte Naville noch lesen, dass beide Gottheiten "der Königin die Herrschaft über Länder gaben, der obere über das Land der Anu von Nubien, der untere über das Land der Mentu in Asien" verbunden mit den üblichen Versprechungen eines langen Lebens, Gesundheit und Glück. Die teilweise zerstörte Inschrift vor dem Gesicht des Sphinx erwähnt die "Fenkhu" aus Asien.


Die obige Zeichnung der Szene stammt von Naville (1894-1908; Tafel CLX), das folgende Foto zeigt die heutige Ansicht der Sphinx.



Die erste Szene auf der Längswand zeigt das einen inthronisierten Amun-Ra vor dem ein Restaurierungsvermerk von Ramses II steht.(siehe unten). Direkt rechts neben dem Restaurierungsvermerk sind untereinander angeordnet die Schutzsymbole für den König zuerkennen (ein anx, das eine Fächer hält, zwei Türangeln mit je einem shen-Ring, der Ständer mit dem Skorpion, und der Djed-Pfeiler, der einen Ring mit einem n-Zeichen empor hält). Ursprünglich war hier wohl die Königin dargestellt, die vermutlich einen stehenden Amun umarmte.


Die zweite Szene auf der Längswand zeigt das "Treiben der 4 Kälber", hier vor dem ithyphallischen Amun, durch den König.


Die nächste Szene (unten die Zeichnung von Naville) zeigt vermutlich das Darbringen von mehreren Statuen (jeweils 3 in zwei Registern übereinander), Naville identifizierte im unteren Register (das obere ist nur unvollständig erhalten) zwei Darstellungen der Hatschepsut, jeweils mit der Krone Ober- bzw. Unterägyptens, und eine Thutmosis III.


Die letzten beiden Szenen der Westwand zeigen die Fahrt im Papyrusdickicht mit einem Papyrusboot, anschließend den Fang von Wasservögeln, die sich auf einem Teich niedergelassen haben, mit einem Schlagnetz durch den König unter mithilfe eines Gottes, und oberhalb davon den Fang von Fischen.

Die Fahrt im Papyrusboot zeigt das rituelle Ausreißen von Papyrus (= Papyrusraufen) durch den König. In den Tempeln des Neuen Reiches und der Spätzeit haben sich insgesamt 6 Darstellungen zumindest teilweise erhalten, die von J. Dittmar (1983) publiziert wurden. Die Darstellung im Tempel der Hatschepsut war ihr wohl nicht bekannt, als älteste Darstellung führt sie die Überreste einer Darstellung von Thutmosis III. im Tempel von Karnak auf. Die am besten erhaltene Darstellung stammt aus dem Tempel von Kom Ombo. Da die Szene in Deir el-Bahari stark beschädigt ist und ein Übersichtsfoto zu wenig Kontrast hat, soll die Darstellung von Kom Ombo hier als Leitbild dienen.


Rituelles Papyrusraufen durch Ptolemaios IX. Euergetes II. vor Min-Amun-Ra-Kamutef (Darstellung von Kom Ombo, aus Dittmar, loc. cit.)

Wie in der Zeichnung oben findet die rituelle Handlung auch hier vor einer ithyphallischen Gottheit statt, von der allerdings nur noch Sockel und die geschlossenen Füße erhalten sind. Die Beschrift ist zerstört, aber da der Tempel dem Amun von Djeser djeseru geweiht ist, darf man mit Recht vermuten, dass hier die ithyphallische Erscheinungsform des Amun dargestellt worden war.


Links im Bild der Sockel, auf dem der ithyphallische Gott steht, dann folgt rechts daneben der Rest einer Restaurierungsinschrift von Ramses II., und rechts der Bug (gestaltet als offene Papyrusdolde) des Papyrusbootes, im Hintergrund Papyruspflanzen. Vorne auf dem Bug steht eine Nilgans (smn), eine der möglichen Erscheinungsformen des Amun.
Die folgende Abbildung zeigt die Gans in einem größeren Ausschnitt, klar erkennbar ist an den umgebenden Aushackungen der Ikonoklasten der Amarnazeit, dass die ursprüngliche Gans größer war, als die später restaurierte.


Auf der anderen Seite des Bootes, das dort ebenfalls in einer offenen Papyrusdolde endet, stehen zwei Gestalten, die allerdings nicht identifiziert werden können (siehe folgendes Foto). Die eine Gestalt steht ganz am Ende des Bootes, die andere steht davor und greift nach den ersten Papyrusdolden des Busches. Die hintere Figur hielt vermutlich ein Opfertablett, von dem eine offene Papyrusdolde und ein wAs-Zeichen herabhängen (zum Vergleich siehe Zeichnung der Szene aus Kom Ombo).


In der Mitte des Bootes steht, deutlich größer als die beiden Figuren hinter ihm, der Herrscher, von dem hier nur noch die Spuren der ausgehackten Füße und Waden zu erkennen sind (die roten Pfeile im Foto oben deuten auf die Füße).

Besonders beeindruckend sind zahlreiche Details der Darstellung. Die folgenden Fotos zeigen verschiedene Detailaufnahmen.


Der obige Ausschnitt zeigt ein katzenartiges Raubtier, vermutlich ein Ichneumon (= Herpestes ichneumon) bei der Jagd im Papyrusdickicht. Unterhalb des Räubers sitzt eine Libelle auf einem Papyrusstengel (siehe Detailphoto weiter unten). Der Kopf des Raubtiers ist in der folgenden Aufnahme nochmals vergrößert zu sehen.



Das Foto zeigt ebenfalls ein katzenartiges Raubtier, vermutlich eine Ginsterkatze (= Genetta genetta) bei der Jagd im Papyrusdickicht.


Eine Libelle rastet auf einem der Papyrusstengel.


Vögel brüten scheinbar auf den Papyrusdolden, in der Mitte des Bildes ein Gelege, rechts darüber Jungvögel. Allerdings dürften Papyrusstengel so große Vögel nicht tragen.

Die folgenden Abbildungen zeigen zuerst den Fang von Wasservögeln mit dem Schlagnetz. Man erkennt auf der Abbildung, die aus Navilles Publikation (1884-1908) stammt, noch gut den Rahmen, mit dem das Netz über den Vögeln zugeklappt wird.


Das folgende Foto zeigt einen Ausschnitt der Szene und zwar den Teil ganz rechts unten in der Zeichnung von Naville. Deutlich ist der Kopf des Reihers zu erkennen, der gerade einen Fisch gefangen hat.


Die nächste Abbildung zeigt die rechte Ecke des Rahmens des Schlagnetzes (vgl. oben die Zeichnung von Naville).

Unerwähnt bleibt bei Naville, dass das Schlagnetz durch drei am Zugseil arbeitende Gestalten - vermutlich von dem Gott Horus,  der Königin und und dem Gott Khnum - geschlossen wird (siehe die folgenden beiden Abbildungen). Die erste Gestalt ist bis zum Hals teilweise erhalten, die zweite nur bis zur Hüfthöhe - zu erkennen ist bei genauem Hinsehen zwischen den beiden Göttern, die jeweils eine Hand am Zugseil haben, noch Füße, Schulter und Arm der zerstörten Figur der Königin (siehe rote Pfeile).

 


Oberhalb der Darstellung des Fangs von Wasservögeln mit einem Schlagnetz sind Reste einer Szene erhalten geblieben, die das Fangen von Fischen zeigt.


Bei dem hier in der Mitte dargestellten Fisch könnte es sich um einen Fiederbartwels (Synodontis spec.) handeln.


Die obige Szene zeigt offensichtlich einen Fischer beim Einsammeln oder Ausnehmen eines Fisches.

Oberhalb der Fischfangszene rekonstruiert Karkowski (2001) eine Szene die Hatschepsut und dahinter Thutmosis III. (siehe folgende Zeichnung) im Hed-Sed-Gewand zeigt.
Die erhaltenen Blöcke zeigen einen Heb-Sed-Pavillion auf einem mAat-Podium, in dem beide Könige im Heb-Sed-Gewand gekleidet sitzen und nach links blicken, beide tragen die Rote Krone. Die Blöcke, die zu Darstellung der Hatschepsut gehören, sind nur teilweise erhalten, ihre Kartusche und Figur wurden nach ihrem Tode ausgehackt. Die Darstellung von Thutmosis III. ist komplett erhalten.


Rekonstruktion der Szene die Hatschepsut und Thutmosis III. Heb-Sed-Gewand (nach Karkowski, 2001)

Die Analyse der erhaltenen Blöcke ergab ihre Zugehörigkeit zum nördlichen Flügel des 1. Portikus, wo sie in das oberste Register der Westwand oberhalb der Fischfangszene einzuordnen sind. Die Gesamtrekonstruktion des Portikus ist bzgl. der Höhe der Hallen nicht korrekt, so dass die Blöcke nicht angebracht werden können.
Mindestens zwei der Blöcke liegen in der Halle, wie viele andere, auf dem Boden herum.


Das Foto oben zeigt einen der Blöcke aus der Darstellung im 1. Portikus. Nach der obigen Zeichnung von Karkowski zeigt der Kartusche und Kopf der Hatschepsut. Karkowski rekonstruierte den Text vor und oberhalb des Kopfes zu: "nTr nfr nb tAwy nb irt-xt nsw-bit MAat-kA-Ra di anx Dt = [Der] Gute Gott, Herr der Beiden Länder, Herr der Kulthandlungen, König Maat-ka-Ra, möge ihr Leben gegeben werden ewiglich".

Der folgende Block zeigt den Unterkörper von Thutmosis III. (siehe Zeichnung oben). Der Teil der Darstellung liegt ebenfalls auf dem Boden der Halle, während sich der Kopf lt. Karkowski in einem Museum in Edinburgh befindet.



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Nach Karkowski (2001) war die nördliche Seitenwand des Nordflügels des 1. Portikus mit einer "Feindvernichtungsszene" dekoriert, in der, wie auf der gegenüberliegenden südlichen Seitenwand des Südflügels, Hatschepsut die Feinde Ägyptens erschlägt.


An der Wand ist fast nichts mehr zu erkennen, dennoch rekonstruiert Karkowksi die oben dargestellte Szene (aus: Pawlicki, F., Polnische Arbeiten im Tempel der Königin Hatschepsut in Deir el-Bahari. in: Geheimnisvolle Königin Hatschepsut, Katalog zu Ausstellung, Warschau 1997). Gut erhalten sind lediglich die Darstellungen rechts, die grauen Blöcke sind vorhanden, aber ihre Szenen zerstört, alle übrigen Blöcke fehlen.

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