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Der Tal-Tempel in Theben-West |
last update:
28.03.2010
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Die Reste des Taltempels der Hatschepsut wurden von Carnarvon und Carter bei
Ausgrabungen am Grab Nr. 9 (aus der 17. Dynastie stammend; Carnarvon, Carter,
1912) freigelegt. Die Arbeiten am Grab begannen 1908 und wurden 1909 fortgesetzt.
Dabei tauchten dicht unter der Bodenoberfläche fein gearbeitete
Kalkstein-Konstruktionen auf. Der Tempel liegt auf der direkten Achse von Djeser
djeseru zum Amun-Tempel "Ip.t-Sw.t" ("Auserwählter Ort",
heute Karnak) am Rande des Marschlandes.
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Lage des Taltempels (= Valley Temple) aus
Porter&Moss, Bd. I.2 |
Anfänglich erschien das Gebäude ziemlich rätselhaft. Der in 1909 freigelegte
Teil bestand aus einem langen Stück einer Außenmauer, lieferte aber wenig
weitere Erkenntnisse. Die Mauer verlief von Ost nach West, war an der Basis ca. 2.6 m breit,
verjüngte sich aber nach oben (um etwa 4 cm auf 25 cm Höhenunterschied). Die
Mauer, im Mittel ca. 6 m hoch, bestand au je einer äußeren Lage kleiner, sorgfältig gearbeiteter Kalksteine,
die auf einen Fundament aus Sandsteinen ruhten. Der innere Teil bestand aus
einem zentralen Stein, die Zwischenräume waren mit einem Mörtel-Sandgemisch
verfüllt worden. Auf der halben Länge befand sich ein Tordurchgang, der sich
nach Norden öffnete, den die Torstützen befanden sich auf dieser Seite.
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Zwei Ansichten der Wand mit dem Tordurchgang in der Mitte (aus Carnarvon,
Carter, 1912)
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Weitere Ausgrabungen in 1910 ergaben schließlich, dass die Mauer zu einem
unfertigen Terrasse-Tempel gehörte und lediglich dessen nördliche Abschlussmauer darstellte. Der ursprüngliche Bauplan schien einen oberen und
unteren Hof vorgesehen zu haben, die durch eine einzige Pfeilerhalle
getrennt wurden. Die Konstruktion erinnerte stark an den Terrassentempel der
Hatschepsut. Wie weit die Anlage fertig gestellt wurde, ist unklar - lediglich
die freigelegte Mauer ergab Anzeichen ihrer Vollendung. Wahrscheinlich war der
Bau jedoch weiter fortgeschritten, aber wie weit, lässt sich nicht mehr
ermitteln, da die Anlage bereits in der Antike als Steinbruch für die Gewinnung
von Kalkstein benutzt wurde.
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Soweit die Ausgrabungen erkennen ließen, war der untere Hof anscheinend als
flacher, viereckiger Hof geplant, der mit einer Pfeilerhalle abschloss. Von
dieser Pfeilerhalle fand sich noch eine Basis der viereckigen Pfeiler. Oberhalb
dieser Pfeilerhalle lag der obere Hof. vermutlich ebenfalls ein offenes Viereck.
Die Rückseite der Pfeilerhalle diente als Stützmauer des oberen Hofes. Auf der
Nordseite dieses Hofes liegt das oben erwähnte Tor in der Umfassungsmauer.
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Eine hieratische Inschrift, geschrieben mit Tinte auf die Unterseite der
Steinblöcke der der Mauer, nannte den Architekten der Anlage, den "Zweiten Priester
der Amun, Pui-em-Re (Pwj-m-Rc)", dessen Grab TT39 sich im Gebiet
El-Chôcha findet (siehe auch Übersicht
Personen). Damit wird die Anlage in die Zeit der Herrschaft von Hatschepsut
oder Thutmosis III. datiert.
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1911 wurde schließlich ein Gründungsdepot gefunden, in dem eine kleine Säule
aus Ziegelsteinen und Modellwerkzeuge den Namen des Besitzers der Anlage trugen:
"Maat-ka-Ra" und auf den Werkzeugen selber stand noch der Name des
Baus: "Djeser djeseru". Damit war klar, dass diese Anlage Teil des
Tempels der Hatschepsut war und nach der Lage den Abschluss, d.h. den
Taltempel der Anlage bildete.
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Oben der Plan des Taltempels, soweit durch die
Ausgrabungen von Carnarvon und Carter untersucht. Der Weiß gelassene
Teil wurde bis auf den Felsgrund freigelegt. Dabei wurden zahlreiche
Reste von Bebauungen gefunden, u.a.:
- in Rot eingezeichnet Bauten aus dem späten Mittlerem Reich (12.
und. 13. Dyn.)
- in Gelb, Baureste aus der 2. Zwischenzeit (14. bis 17. Dyn.)
- in Blau, Reste aus ramessidischer Zeit (z.B. Ramses IV.)
In Schwarz wurden die Reste des Taltempels der Hatschepsut gezeichnet.
Man erkennt am rechten Rand des vollständig ausgegrabenen Areals die
oben abgebildete Außenmauer mit dem Tordurchgang ("Enclosure Wall
and Gate"). Etwas weiter nach unten, von
der Abschlussmauer nach links abgehend beginnt die Pfeilerhalle (Terrace
->), die den
oberen vom unteren Hof trennt.
Die beiden schwarzen Kreuze (+) bezeichnen die Fundorte zweier
Gründungsdepots der Hatschepsut (nach Hayes, 1959, wurden hier insgesamt
5 Gründungsdepots gefunden). |
Oben ein Nilschlammziegel aus dem Gründungsdepot des Taltempels, deutlich
erkennbar die Kartusche mit dem Thronnamen der Hatschepsut (aus Carnarvon,
Carter, 1912)
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Während der Ausgrabungen wurden mehrere Objekte gefunden, die dem Bauwerk
zugerechnet werden müssen, u. a.:
- im Schutt wurde ein sehr schönes Exemplar einer Hacke gefunden, die wohl
einem der damals tätigen Handwerker gehörte;
- der Hammer eines Steinmetz;
- ein Rechnungsstein aus rot-kristallinem Sandstein mit der Kartusche der
Maat-ka-Ra;
- verteilt über das ganze Gelände Ziegel, gestempelt mit den Kartuschen von
Thutmosis I. und Hatschepsut;
- auf halbem Weg entlang des unteren Bereiches der nördlichen
Umgrenzungsmauer wurden 76 dekorierte Steine gefunden, die dekorierten Seiten
nach unten.
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Nach dem aktuellen Stand der Forschung war der Taltempel beim Tode der
Hatschepsut wohl nicht fertiggestellt. Unklar ist auch Existenz und Verlauf
eines Kanals zwischen Nil und Taltempel. Auf den Grano-Dioritblöcken
der Roten Kapelle werden mehrere Kanäle erwähnt, darunter der "Kanal
des Königs Aa-Cheper-Ka-Ra (= Thutmosis I.; Block 11) und ein "Kanal des
Amun, Rein und Kühl. (Block 4)"
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Heutiger Zustand
Die Gegend des Taltempel der Hatschepsut wird in der Regel nicht beachtet,
dies ist auch nicht verwunderlich, denn vom Taltempel ist nichts mehr zu
sehen. Was bei der Ausgrabung gefunden wurde, ist heute wohl wieder
von Schutt verdeckt oder gar zerstört. Die wenigsten Touristen wissen
oder bemerken, dass sie sich auf dem gleichen Wege wie in der Antike dem
Tempel der Hatschepsut nähern - die moderne Strasse verläuft genau
über dem Prozessionsweg zwischen Taltempel und Djeser djeseru.
Beim
Verlassen ihres Tempels halten kaum Touristen am Ende der Strasse,
genau in der nach links führenden Kurve an, um einen Blick auf die
wenigen Überreste in der Gegend zu werfen. Die folgenden Fotos zeigen, was zur Zeit
zu sehen ist. |
In der Gegend fallen zwei Mauerreste auf, die parallel in
Richtung der Tempel der Hatschepsut, des Thutmosis III. und des
Mentuhotep II. laufen. Ganz offensichtlich handelt es sich bei den Mauerresten
um die Einschlussmauern eines Prozessionsweges. Die Vermutung liegt
nahe, dass das Tor auf den Photos unten das
gleiche Tor ist, das auf den Fotos von Carnarvon und
Carter und auf dem Plan der Ausgrabung
zu sehen ist. |
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Die obere Abbildung zeigt den Blick entlang
der südlichen Mauer in Richtung Karnak-Tempel, die untere zeigt die entgegen gesetzte
Richtung mit dem Tempel der Hatschepsut im Hintergrund. Diese Mauer
liegt allerdings recht weit südlich von der Straße, die nach Djeser
djeseru führt. Außerdem liegt nach Norden (oben links, unten rechts)
zwischen der Mauer und der Strasse zum Teil noch Felsformationen, in die
Gräber gegraben wurde. Dieser Teil der Mauer dürfte daher eher die nördliche
Mauer des
Prozessionsweg von Thutmosis III. sein. |
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Die obere Abbildung zeigt einen erhaltenen Teil der Mauer,
davor liegen ein paar Decksteine von benachbarten Mauerbereichen.
Die untere Abbildung zeigt recht gut die Konstruktion der Mauer bestehend
aus maßgenau bearbeiteten Außensteinen und grob behauenen Blöcken
für den Mauerinnenraum - die Zwischenräume im Innenteil der Mauer
wurden mit Mörtel und Sand verfüllt. In einer Entfernung von einigen Metern
sieht man die Innenseite der oberen Abschlusssteine. Diese Mauer wurde
auf die gleiche Weise konstruiert wie die Umfassungsmauer von Djeser
djeseru, wie man an den Resten direkt neben der Rampe zur Kapelle
der Hathor sehen kann.
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Das obere Bild zeigt den Blick entlang der
nördlichen der beiden Mauern in Richtung Djeser djeseru, das
oben erwähnte Tor ist am Ende der Mauer zu erkennen.
Das untere Bild zeigt die heutige Ansicht des Tordurchganges.
Dieses
Mauerstück könnte zur Umfassungsmauer der Prozessionsweges oder ev.
sogar zu der des Taltempels der Hatschepsut gehört haben. Im Oktober 2003 war diese
Mauer samt Tor jedoch nicht wieder aufzufinden, da das Gelände
umgestaltet und planiert worden war.
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Bei der Besichtigung des benachbarten Geländes fielen ein paar Meter von
der südlichen Umfassungsmauer entfernt ein paar Steinblöcke auf, deren
Inschriften durch kleinere Bruchstücke verdeckt und geschützt waren. Die
Entfernung dieser kleineren Bruchstücke förderte zwei Steinlagen zutage.
Die Inschriften der oberen Lage stammen aus ramessidischer Zeit (siehe
folgende Abbildungen links). Einer der unteren Blöcke zeigte jedoch zwei
Kartuschen, von denen eine bei genauerer Betrachtung auf Thutmosis I. oder
II. hindeuten könnte (siehe folgendes Abbildungen rechts).
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Der Namen in der rechten Kartusche könnte Aa-cheper-?-Ra gelautet haben -
also auf Thutmosis I. oder II. verweisen. Leider ist der untere Teil zu
zerstört, um eine genaue Zuordnung durchzuführen.
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Weiterhin fielen bei der Erkundung des Geländes im Bereich des Taltempels
zwei einzelne kleinere Blöcke auf, die eine interessante Dekoration
tragen und daher "im Vorübergehen" fotografiert wurden (leider
nicht mit großer Sorgfalt, wie das untere Foto zeigt - die Schatten
stammen von den Tragriemen der Kamera).
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Beide Blöcke zeigen Reste eines Frieses. Man erkennt jeweils unten die erhobenen
Arme von Ka-Zeichen (auf dem unten gezeigten Block wurden diese ausgehackt)
in denen sich eine Uräusschlange - mit Kuhgehörn und
Sonnenscheibe auf dem Haupt - aufrichtet. Vor der Uräusschlange erkennt
man noch jeweils einen sn-Ring (Gardiner-Zeichenliste: V9).
In der Mitte über den Armen der Ka-Zeichen erkennt man
außerdem in der
oberen Abbildung einen djed-Pfeiler, in der unteren Abbildung
wurden offensichtlich djed-Pfeiler und Ankh-Zeichen abwechselnd als
Dekorationselement verwendet.
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Die Dekoration dieser Blöcke zeigt ganz offensichtlich eine kryptographische Schreibweise ihres Thronnamens
"Maat-ka-Ra" (Graefe, 1980). Daher könnten diese Blöcke auch von
einem Gebäude von Hatschepsut z.B. ihrem benachbartem Taltempel stammen (vergleiche auch "Weitere
Bauten"). Ein entsprechendes Fries wurde auch in der unteren
Anubis-Kapelle in ihrem Tempel Djeser djeseru als Dekorationselement verwendet (siehe
folgendes Foto). Allerdings muss klar gesagt werden, dass die beiden Blöcke zwischen
mehreren anderen dekorierten Blöcken (aus späterer Zeit) lagen, also
weder eine direkte Beziehung zum Taltempel, der sicher nicht weit
entfernt lag, aufwiesen noch zu anderen
benachbarten Blöcken. Woher diese und die anderen Blöcke stammen, lässt sich aus der verstreuten Lage der Blöcke ohne eine Beschreibung,
wer was in der Gegend erforscht und "umgegraben" hat, nicht
sagen.
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