Maat-ka-Ra Hatschepsut

last update: 26.03.2010
 

Karnak - 8. Pylon

 
 

Statuen vor der Südseite des 8. Pylonen

 


Vor dem 8. Pylon standen einst auf beiden Flügelseiten je drei kolossale Statuen, darunter zwei kolossale Sitzstatuen aus Kalkstein (je eine vor jedem Flügel des Pylonen). Davon sind heute nur noch die Reste der drei Statuen vor dem westlichen Flügel, sowie eine Statue und 2 Sockel vor dem östlichen Flügel erhalten (s. a. Porter&Moss II, 1994, S. 176 und Plan XIV).
Vor der Fassade des linken Flügels stehen die folgende Statuen (Lokalisation und Bezeichnung nach Porter&Moss II, 1994):
- links die Statue M, Amenhotep II., restauriert von Thutmosis IV., neben den rechten Bein findet sich eine kleine Statue der Königin Tia, Mutter des Thutmosis IV.
- in der Mitte, die Kalksteinstatue N (H: 884; B:222; T:429 cm), mit dem Namen von Amenhotep I. (Djoser-ka-Ra) und einem "Erneuerungs-Text" aus dem Jahr 22 des Thutmosis III.
- rechts, die Statue O, Quarzit, beschriftet mit Thutmosis II. (Aa-cheper-en-Ra) und einem "Erneuerungs-Text" aus dem Jahr 42 des Thutmosis III.; auf der Außenseite neben dem rechten Bein befindet sich eine kleine Statue der "Königsschwester" Mut-nefret, Mutter Thutmosis II.
 


Oben der rechte Flügel der Südseite des 8. Pylonen mit den Resten der Statue P (nach Porter&Moss, II, 1994; H: nicht bestimmbar, B: 213; T: 420 cm) aus Kalkstein, beschriftet mit Thutmosis II. und einem "Erneuerungs-Text" aus dem Jahr 22 des Thutmosis III. Ein Teil des Kopfes (s. folgendes Foto) dieser stark zerstörten Statue liegt direkt zu deren Füßen - man erkennt noch gut das rechte Ohr und das nms-Kopftuch .

Sofern es der Erhaltungszustand erkennen lässt, tragen alle Statuen einen unterschiedlich langen plissierten Rock. Der königliche Schurz und die Hände liegen auf flach den Oberschenkeln, lediglich die Statue N hält in der rechten Hand ein Tuch (siehe unten).
 

Loeben (2001) hat die Statuen untersucht und die Inschriften in seiner Dissertation beschrieben.
Die besser erhaltene Statue N vor der linken, westlichen Seite des Pylon (siehe Foto unten links) zeigt einen thronenden Pharao, die Hände auf dem Schoß liegend. Die rechte Hand ist zur Faust geballt und hält ein Tuch, die linke Hand liegt flach auf dem Schenkel. Mit Ausnahme des Gesichts ist die Statue gut erhalten. Der Rückenpfeiler ist nicht beschriftet, dagegen finden sich Inschriften auf der Gürtelschnalle und neben den Beinen (Loeben, 2001).

Das rechte Foto zeigt einen Ausschnitt der Inschriften neben dem linken Bein. Die Kartusche Thutmosis III. ist recht gut im äußeren Register zu erkennen (siehe Pfeil).
Im linken Register ist oberhalb (nord-nordwestlich) der Kartusche von Thutmosis III. eine weitere Kartusche zu erkennen, die aufgrund der Steinstruktur kaum noch zu entziffern ist. Bei meiner Besichtigung der Statue im Januar 2002 konnte ich noch die Zeichen für Ra und Ka erkennen (das "Djoser" war nicht mehr erkennbar).

Loebens Untersuchungen ergaben zweifelsfrei, dass an der Statue N der Text der Gürtelschnalle geändert und der Originaltext komplett ersetzt wurde. Weitere Änderungen erfolgten in der Amarnazeit und bei den darauf folgenden Restaurierungen.
Der oben gezeigte "Erneuerungs-Text" neben dem linken Bein - die Texte auf den Thronvorderseiten sind waren offensichtlich gleich - lautet (nach Loeben):

"Geliebt von Amun, dem Herrn der Throne der Beiden Länder (=Theben) ist der Vollkommene Gott, der Herr der Beiden Länder, +Sr-kA-Ra, der Sohn des Ra, von seinem Leib, Amenhotep (I). Nun, gemacht worden ist eine Vervollkommnen dieser Statue im Regierungsjahr 22 unter der Majestät des Königs von Ober- und Unterägypten, Men-cheper-Ra (=Thutmosis III.), der ewig leben möge."

Die neue Erkenntnis,  dass der Text der Gürtelschnalle nicht die originale Inschrift darstellt, wirft nach Loeben auch ein neues Licht auf die Inschriften auf den Vorderseiten des Thrones, also auf die "Erneuerungs-Texte". Auffällig ist nach Loeben die Verwendung des Terminus "Vervollkommnen" (anstelle von "Erneuern"), dessen Verwendung für Statuen sich auf Restaurierungsarbeiten am 8. Pylon beschränkt, wo alle Statuen einen entsprechenden Vermerk aufweisen. An den beiden Kalksteinstatuen N und P reklamiert Thutmosis III. das "Vervollkommnen im Jahr 22" für sich.
Loeben erkennt in beiden Statuen ursprünglich Darstellungen der Hatschepsut, die Thutmosis III. wegen ihrer beeindruckenden Erscheinung bei seiner Verfolgung ihres Andenkens geschont und zugunsten seiner Vorfahren umgewidmet hat.

Ausgehend von den Untersuchungen Loebens interpretiert Eaton-Kraus (1998), die "Erneuerungstexte" aus dem Jahr 22 (das ist das erste Jahr seiner Alleinherrschaft) als das früheste Datum,  das die Verfolgung ihres Andenkens anzeigt.
Loeben selber schließt sich dieser Schlussfolgerung nicht an, denn er hält es durchaus für möglich, das Thutmosis III. "zurückdatiert" hat. Er hält es sogar für wahrscheinlich,  dass die "Rückdatierungen" im Namen Thutmosis III. erst von dessen Nachfolger, Amenhotep II. durchgeführt wurden (mit Ausnahme der aus dem Jahr 42), da - wie die Dekoration des 8. Pylon zeigt - Amenhotep II. sich diesem Pylon besonders "gewidmet" hat.

Neben dieser Kolossalstatue steht rechts das Unterteil einer kleineren Statue, die neben dem linken Bein oberhalb einer nicht mehr lesbaren Kartusche möglicherweise den Titel einer "Gottesgemahlin", , aufführt (Foto oben, roter Pfeil). Wenn die Lesung zutrifft, ergibt sich zwangsläufig die Frage, welche "Gottesgemahlin" hier dargestellt ist - vielleicht Neferu-Ra (wenn die Kolossalstatue daneben Hatschepsut ist).
Bei Porter&Moss (1994) wird die kleine Statue der Merit-Amun II. zugewiesen, der Tochter von Thutmosis III. und Merit-Ra, Gemahlin des Amenhotep II., die nach Sander-Hansen tatsächlich ebenfalls den Titel einer "Gottesgemahlin" trug.
Da diese kleine Statue neben der von Hatschepsut steht (Statue N), die durch die Umwidmung Amenhotep I. zugewiesen wurde, könnte diese auch seine Mutter Ah-mose Nefertari darstellen - die nicht nur eine der ersten "Gottesgemahlinnen" war, sondern in späterer Zeit geradezu als "Prototyp" der "Gottesgemahlinnen" verehrt und gemeinsam mit ihrem Sohn vergöttlicht wurde. Das Oberteil befindet sich im Britischen Museum und wird dort der Ah-mose Nefertari zugewiesen (eine Abbildung des Oberteils auf der Seite zur Geschichte der Gottesgemahlinnen zu sehen).

Östlich (rechts) von der Statue N steht vor dem westlichen Flügel des Pylonen noch der Unterteil eine Sitzstatue (Statue O; unten links) aus Quarzit, die Thutmosis II. gewidmet ist (siehe folgendes Foto rechts), und einen Restaurierungstext von Thutmosis III. aus dem Jahr 42 trägt (s. a. Porter&Moss II, 1994, S. 176)

 

  Neben dem rechten Bein des inthronisierten Königs sind die Reste (Füße) einer weiblichen Figur erhalten, die die Beischrift oberhalb ihrer Namenskartusche als "sAt nswt mrt=f = geliebte Tochter des Königs,"  Mut-nefret (= Mut-nofret)ausweist.
Die Darstellung der Mut-nefret und die Tatsache, dass die Statue einen "Restaurierungstext" trägt, lässt den Verdacht aufkommen, dass ursprünglich hier nicht Thutmosis II. und seine Mutter, sondern Thutmosis I. und seine Gemahlin dargestellt worden waren.

Im Zuge der Verfolgung der Hatschepsut wurden ihre Statuen umgewidmet.

Copyright: Dr. Karl H. Leser (Iufaa)