Transport
Nach den Abbildungen in der Obeliskenhalle wurden die beiden Obelisken aus Assuan auf einem
Doppelschiff transportiert, dass von 3 x 9 Zugschiffen mit wohl 864
Ruderern nach Karnak gezogen wurde. Das Bild in Deir el-Bahari zeigt
jedoch eher die Ankunft der Obelisken in Karnak aus Sicht des Künstlers.
Die Technologie der Doppelschiffe wurde von Wirsching (Wirsching, A.,
"Das Doppelschiff - die altägyptische Technologie zur Beförderung
schwerster Steinlasten", SAK, Vol. 27, 1999)
ausführlich beschrieben. Die Technologie ist seit der 4. Dynastie
in Gebrauch. Im Alten Reich wurden auf diese Weise Einzellasten bis
zu 60 t befördert, die im Neuen Reich beförderten Obelisken wiegen
ein mehrfaches davon (der Obelisk der Hatschepsut ca. 323 t). Obwohl
diese Technik vermutlich häufig angewendet wurde, gibt es lt. Wirsching
insgesamt nur drei Darstellungen, die den Transport von Schwerlasten
per Schiff zeigen::
- ein Bild im Grabe des Senedjem-Ib, 5. Dyn., zeigt den
Transport eines Sarkophages,
- ein Bild am Prozessionsweg zur Pyramide des Unas in Saqqara zeigt
mehrere Schiffe, die je 2 Säulen tragen;
- und das obige Bild in Deir el-Bahari.
Aus der Zeit der 18. Dynastie gibt es auch einen schriftlichen
Beleg: Ineni (Personen), der als Oberbeamter auch für Bauarbeiten im
Karnak-Tempel zuständig war, berichtet, er habe für Thutmosis I.
ein Schiff mit der Länge von ca. 63 m und der Breite von ca. 21 m
zur Beförderung eines Obeliskenpaares gebaut (zitiert
nach Wirsching). Auf Basis der Daten von Ineni haben
verschiedene Autoren (darunter auch Schiffbauexperten) Überlegungen
zur Konstruktion und zur Beladung der Schiffe angestellt. Wirsching
hat die Überlegungen weiterentwickelt und kommt zu der
Überzeugung, dass für die Obelisken der Hatschepsut ein doppeltes
Doppelschiff eingesetzt wurde (s. unten), das nach seinen
Berechnungen auch in der Lage war, die erwähnten 323 t zu
transportieren. |
Technik des doppelten Doppelschiffes (Zeichnung von Wirsching, 1999) |
Die auffällige Tatsache, dass das Relief in Deir
el-Bahari diese Technik nicht wiedergibt, erklärt Wirsching mit der
Annahme, dass: 1. dem Relief in Deir el-Bahari die Abbildung vom
Prozessionsweg des Unas als Vorbild diente und 2. das Relief nicht
die tatsächliche Ankunft der Obelisken zeigt, sondern die feierlich
inszenierte Ankunft von Nachbildungen!
Zumindest für die 1. Annahme
scheint Wirsching Belege zu haben, denn offensichtlich wurden im
Relief von Deir el-Bahari Bildelemente der "Unas-Schiffe" (z.B. Zugschlitten unter den Obelisken
und Schutzbandagen) übernommen, die beim Transport auf dem
doppelten Doppelschiff unbrauchbar waren.
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Aufrichten
Von den ehemals in Ägypten aufgestellten Obelisken stehen heute
noch vier, 2 im Tempelbezirk von Karnak (Hatschepsut, Thutmosis I.),
1 im Tempel von Luxor (Ramses II.), und 1 in Heliopolis
(Senwosret I.). Kein ägyptischer Text beschreibt, mit welcher Methode
die Obelisken aufgerichtet wurden. Neuzeitliche Ingenieure standen
jedoch vor dem "gleichen" Problem. Im Auftrage von Papst
Sixtus V. errichtete der Architekt und Ingenieur Domenico Fontana in
den Jahren 1586 -1589 drei Obelisken in Rom, die in den Jahren 10 v.
Chr., und 47 bzw. 357 n. Chr. aus Ägypten nach Rom gebracht worden
waren. Fontana ließ dazu zwei parallel stehenden Balkengerüste
bis zur vollen Höhe des Obelisken aufbauen. Beide Gerüste wurden auf
den oberen Balkenlagen miteinander verbunden. Der Obelisk wurde
zwischen den beiden Gerüsten aufgerichtet, in dem man das obere Ende
(Drittel) mit Seilen anhob und gleichzeitig das auf einem Wagen
liegende untere Ende des Obelisken zwischen den Gerüsten hindurch
unter seinen Schwerpunkt zog. 1836 richtete M. A. Lebas den aus
Luxor-Tempel herangeschafften Obelisken Ramses II. in Paris auf (Place
de la Concorde). Lebas hatte in Luxor bemerkt, dass auf der
Oberfläche des Sockels ein Einschnitt (Nut) parallel zur Sockelkante
verlief. Nach seiner Vermutung wurde in diese Nut eine der Basiskanten
des Obelisken abgesetzt, beim Anheben dreht sich dann der Obelisk in
dieser Nut wie in einem Gelenk. Entsprechend ließ er in Paris den
Obelisken mit Hebebäumen anheben und drehte ihn über eine der
Basiskanten in die Senkrechte. Dixon (1878 in London) und Gorringe
(1880 in New York) wendeten das gleiche Verfahren an. Sie hoben die
Obelisken horizontal liegend bis in vermeintliche Höhe des
Schwerpunktes an, dann drehten sie den Obelisken um diesen Schwerpunkt
in die Senkrechte. |
Nach den neuzeitlichen Erfahrungen scheint das
Aufrichten des Obelisken durch Drehen um seinen Schwerpunkt oder um
eine des Basiskanten das optimale Verfahren zu sein. Dennoch wurden
mehrere abweichende Verfahren diskutiert. Als Beispiel soll hier das
von von Arnold (1994) vorgeschlagene Verfahren kurz beschrieben
werden. |
Arnolds Vorschlag ist eine Modifikation des Verfahrens,
nachdem die Obelisken auf Dämmen herangeschafft und von der Dammkante
dann auf die Sockel abgesenkt worden sein sollen (siehe Zeichnung oben, aus
Arnold, 1994). Er berücksichtigt dabei, dass große Dämme, die in
anderen Verfahren vorgeschlagen wurden, aus Platzgründen in der dicht
bebauten Umgebung der Tempel wohl nicht realisierbar waren. Auch in
diesem Verfahren wird der Obelisk in der letzten Phase in der Nut im
Sockel in
die Senkrechte gedreht (siehe oben). Über die Kontrolle der Kräfte und die
Führung des Obelisken beim Aufrichten äußert er sich jedoch nicht. |
Ausgehend von den neuzeitlichen Verfahren und einer,
vom Schreiber Hori im Papyrus Anastasi I. verfassten, Beschreibung zum
Aufrichten einer großen Statue untersucht Wirsching, ob die Ägypter
in analoger Weise Obelisken durch "Drehen", z.B. um seine
Basis, errichten konnten.
Nach den Vorstellungen von Wirsching (Wirsching, SAK 28, 2000) wird
der Obelisk in 2 Phasen angehoben bzw. in die Senkrechte gedreht. Für
die 1. Phase müssen zwei Gerüstmauern längs des Obelisken errichtet
werden. Für die 2. Phase wird eine dritte Mauer quer zur Basis des
Obelisken benötigt. Zu Beginn liegt der Obelisk, umgeben von drei
Mauern, in einer langen "Kammer" (siehe unten). |
"Kammer"-Modell nach Wirsching,
1. Drehphase; links eine
Aufsicht auf die "Kammer", rechts eine Seitenansicht (jeweils mit
liegendem Obelisken); Zeichnung aus Wirsching, SAK 28, 2000 |
In der 1. Drehphase wird der auf dem Sockel aufliegende
Obelisk durch über die Längsmauern geführte Seile bis zur Höhe der
Längsmauern gehoben bzw. in der Nut des Sockels gedreht (siehe unten). Die
notwendige Kraft wird durch Steinlasten an den Seilen erzeugt, die auf
der Außenseite der Mauern kontrolliert heruntergeführt werden
können. Die Endposition der 1. Drehphase ist in der obigen Zeichnung
gestrichelt angedeutet. |
"Kammer"-Modell nach Wirsching, 2. Drehphase;
Zeichnung aus Wirsching, SAK 28, 2000 |
In der 2. Drehphase wird der Obelisk von mit
Laststeinen versehenen Seilen über die Quermauer hinter dem Sockel in
die aufrechte Position gedreht (siehe Zeichnung oben). In
beiden Drehphasen ist eine Kontrolle der Zugkräfte an den Seilen
erforderlich. Die zur Aufrichtung des Obelisken notwendige Kraft ist
zu Beginn der 1. Drehphase am größten und wird zunehmend kleiner, je
senkrechter der Obelisk steht. Die Verringerung der benötigten Kraft
wurde dadurch erreicht, dass die Länge der einzelnen Zugseile so
bemessen wurde, dass die jeweils daran hängenden Laststeine auf dem
Boden aufsetzten, wenn ihre Zugkraft nicht mehr benötigt wurde. Nach
Wirsching wurde eine Kraft-aufwendende Haltemannschaft lediglich zum
Abbremsen des letzten Schwunges benötigt, wenn der Obelisk aufgrund
des eigenen Gewichts in die Senkrechte kippte. |
Wirsching berücksichtigt in seinem "Kammer"-Modell
auch ein Problem, das häufig ignoriert wurde. Alle Obelisken-Sockel
in Karnak haben nach Borchardt (zitiert nach Wirsing, 2000) Nuten in
ähnlicher Ausführung. Die Nuten sind ca. 20 - 30 cm breit, 6 - 10 cm
tief, und etwas länger als die Basiskante des Obelisken. Im
Querschnitt betrachtet sind die Nuten keilförmig, wobei die Seite am
Obelisken steil, die zur äußeren Sockelkante hin flach geneigt ist -
der Obelisk steht also an der steilen, hinteren Kante der Nut. Dies
hat zur Vermutung geführt, dass der Obelisk während der Drehbewegung
in die Senkrechte mit der Basiskante in den Nut eingeklinkt wurde.
Dies aber hätte sicherlich dazu geführt, dass diese Kante, auf der
das ganze Gewichte des Obelisken gelastet hätte, unter dieser
Belastung wohl gesplittert wäre. Nach Wirsching wurde in die Nut jedoch ein halbkreisförmiges
Gelenk aus hartem Material (möglicherweise aus Basalt oder Bronze) eingelegt und zwar mit der
flachen Seite in die Nut bzw. mit der halbkreisförmigen Seite nach
oben (siehe unten). Als Gegenstück oder Gelenkpfanne diente ein Vorsprung am
unteren Obeliskenrand, den man bei der Herstellung stehen gelassen
hatte. Die Drehbewegung erfolgt in beiden Phasen über diese
Gelenkkonstruktion, wobei die extreme Belastung der Obeliskenkante
vermieden wird. Beim Anheben des Obelisken entwickelt dieser außerdem
aufgrund seines großen Gewichtes auch eine ziemlich große - in der
Abbildung unten nach links gerichtete - horizontale Schubkraft. Die
Gelenkkonstruktion verhindert - neben der Belastung der Obeliskenkante
- auch, dass der Obelisk aufgrund des Eigengewichtes über den Sockel
nach links wegrutscht. Da an keinem der existierenden Obelisken eine
Gelenkpfanne gefunden wurde, sind die überstehenden Teile am
Obelisken wohl nach der Errichtung abgeschlagen und das Gelenk aus der
Nut entfernt worden. |
Sockel mit Nut, Gelenk, und Gelenkpfanne an der
Obeliskenbasis; links mit dem Obelisken in liegender, rechts in
senkrechter Position (Zeichnung von Wirsching, SAK 28, 2000) |
Die beim Aufrichten verwendete Nut in der Basis ist
hier noch als Kerbe an der Basis des Obelisken des Thutmosis I. in
Karnak zu erkennen. |
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