Maat-ka-Ra Hatschepsut

Transport und Aufrichten von Obelisken

update: 03.03.2008

Transport

Nach den Abbildungen in der Obeliskenhalle wurden die beiden Obelisken aus Assuan auf einem Doppelschiff transportiert,  dass von 3 x 9 Zugschiffen mit wohl 864 Ruderern nach Karnak gezogen wurde. Das Bild in Deir el-Bahari zeigt jedoch eher die Ankunft der Obelisken in Karnak aus Sicht des Künstlers.

Die Technologie der Doppelschiffe wurde von Wirsching (Wirsching, A., "Das Doppelschiff - die altägyptische Technologie zur Beförderung schwerster Steinlasten", SAK, Vol. 27, 1999) ausführlich beschrieben. Die Technologie ist seit der 4. Dynastie in Gebrauch. Im Alten Reich wurden auf diese Weise Einzellasten bis zu 60 t befördert, die im Neuen Reich beförderten Obelisken wiegen ein mehrfaches davon (der Obelisk der Hatschepsut ca. 323 t). Obwohl diese Technik vermutlich häufig angewendet wurde, gibt es lt. Wirsching insgesamt nur drei Darstellungen, die den Transport von Schwerlasten per Schiff zeigen::

- ein Bild im Grabe des Senedjem-Ib, 5. Dyn., zeigt den Transport eines Sarkophages,
- ein Bild am Prozessionsweg zur Pyramide des Unas in Saqqara zeigt mehrere Schiffe,
  die je 2 Säulen tragen;
- und das obige Bild in Deir el-Bahari.

Aus der Zeit der 18. Dynastie gibt es auch einen schriftlichen Beleg: Ineni (Personen), der als Oberbeamter auch für Bauarbeiten im Karnak-Tempel zuständig war, berichtet, er habe für Thutmosis I. ein Schiff mit der Länge von ca. 63 m und der Breite von ca. 21 m zur Beförderung eines Obeliskenpaares gebaut (zitiert nach Wirsching).
Auf Basis der Daten von Ineni haben verschiedene Autoren (darunter auch Schiffbauexperten) Überlegungen zur Konstruktion und zur Beladung der Schiffe angestellt. Wirsching hat die Überlegungen weiterentwickelt und kommt zu der Überzeugung,  dass für die Obelisken der Hatschepsut ein doppeltes Doppelschiff eingesetzt wurde (s. unten),  das nach seinen Berechnungen auch in der Lage war, die erwähnten 323 t zu transportieren.


Technik des doppelten Doppelschiffes (Zeichnung von Wirsching, 1999)

Die auffällige Tatsache,  dass das Relief in Deir el-Bahari diese Technik nicht wiedergibt, erklärt Wirsching mit der Annahme,  dass:
1. dem Relief in Deir el-Bahari die Abbildung vom Prozessionsweg des Unas als Vorbild diente und
2. das Relief nicht die tatsächliche Ankunft der Obelisken zeigt, sondern die feierlich inszenierte Ankunft von Nachbildungen!

Zumindest für die 1. Annahme scheint Wirsching Belege zu haben, denn offensichtlich wurden im Relief von Deir el-Bahari Bildelemente der "Unas-Schiffe" (z.B. Zugschlitten unter den Obelisken und Schutzbandagen) übernommen, die beim Transport auf dem doppelten Doppelschiff unbrauchbar waren.


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Aufrichten

Von den ehemals in Ägypten aufgestellten Obelisken stehen heute noch vier, 2 im Tempelbezirk von Karnak (Hatschepsut, Thutmosis I.), 1 im Tempel von Luxor (Ramses II.), und 1 in Heliopolis (Senwosret I.). Kein ägyptischer Text beschreibt, mit welcher Methode die Obelisken aufgerichtet wurden.
Neuzeitliche Ingenieure standen jedoch vor dem "gleichen" Problem. Im Auftrage von Papst Sixtus V. errichtete der Architekt und Ingenieur Domenico Fontana in den Jahren 1586 -1589 drei Obelisken in Rom, die in den Jahren 10 v. Chr., und 47 bzw. 357 n. Chr. aus Ägypten nach Rom gebracht worden waren. Fontana ließ dazu zwei parallel stehenden Balkengerüste bis zur vollen Höhe des Obelisken aufbauen. Beide Gerüste wurden auf den oberen Balkenlagen miteinander verbunden. Der Obelisk wurde zwischen den beiden Gerüsten aufgerichtet, in dem man das obere Ende (Drittel) mit Seilen anhob und gleichzeitig das auf einem Wagen liegende untere Ende des Obelisken zwischen den Gerüsten hindurch unter seinen Schwerpunkt zog.

1836 richtete M. A. Lebas den aus Luxor-Tempel herangeschafften Obelisken Ramses II. in Paris auf (Place de la Concorde). Lebas hatte in Luxor bemerkt,  dass auf der Oberfläche des Sockels ein Einschnitt (Nut) parallel zur Sockelkante verlief. Nach seiner Vermutung wurde in diese Nut eine der Basiskanten des Obelisken abgesetzt, beim Anheben dreht sich dann der Obelisk in dieser Nut wie in einem Gelenk. Entsprechend ließ er in Paris den Obelisken mit Hebebäumen anheben und drehte ihn über eine der Basiskanten in die Senkrechte. 

Dixon (1878 in London) und Gorringe (1880 in New York) wendeten das gleiche Verfahren an. Sie hoben die Obelisken horizontal liegend bis in vermeintliche Höhe des Schwerpunktes an, dann drehten sie den Obelisken um diesen Schwerpunkt in die Senkrechte.


Nach den neuzeitlichen Erfahrungen scheint das Aufrichten des Obelisken durch Drehen um seinen Schwerpunkt oder um eine des Basiskanten das optimale Verfahren zu sein. Dennoch wurden mehrere abweichende Verfahren diskutiert. Als Beispiel soll hier das von von Arnold (1994) vorgeschlagene Verfahren kurz beschrieben werden.  

Arnolds Vorschlag ist eine Modifikation des Verfahrens, nachdem die Obelisken auf Dämmen herangeschafft und von der Dammkante dann auf die Sockel abgesenkt worden sein sollen (siehe Zeichnung oben, aus Arnold, 1994). Er berücksichtigt dabei,  dass große Dämme, die in anderen Verfahren vorgeschlagen wurden, aus Platzgründen in der dicht bebauten Umgebung der Tempel wohl nicht realisierbar waren. Auch in diesem Verfahren wird der Obelisk in der letzten Phase in der Nut im Sockel in die Senkrechte gedreht (siehe oben). Über die Kontrolle der Kräfte und die Führung des Obelisken beim Aufrichten äußert er sich jedoch nicht.

Ausgehend von den neuzeitlichen Verfahren und einer, vom Schreiber Hori im Papyrus Anastasi I. verfassten, Beschreibung zum Aufrichten einer großen Statue untersucht Wirsching, ob die Ägypter in analoger Weise Obelisken durch "Drehen", z.B. um seine Basis, errichten konnten. 

Nach den Vorstellungen von Wirsching (Wirsching, SAK 28, 2000) wird der Obelisk in 2 Phasen angehoben bzw. in die Senkrechte gedreht. Für die 1. Phase müssen zwei Gerüstmauern längs des Obelisken errichtet werden. Für die 2. Phase wird eine dritte Mauer quer zur Basis des Obelisken benötigt. Zu Beginn liegt der Obelisk, umgeben von drei Mauern, in einer langen "Kammer" (siehe unten).

 

"Kammer"-Modell nach Wirsching, 1. Drehphase; links eine Aufsicht auf die "Kammer", rechts eine Seitenansicht (jeweils mit liegendem Obelisken); Zeichnung aus Wirsching, SAK 28, 2000

In der 1. Drehphase wird der auf dem Sockel aufliegende Obelisk durch über die Längsmauern geführte Seile bis zur Höhe der Längsmauern gehoben bzw. in der Nut des Sockels gedreht (siehe unten). Die notwendige Kraft wird durch Steinlasten an den Seilen erzeugt, die auf der Außenseite der Mauern kontrolliert heruntergeführt werden können. Die Endposition der 1. Drehphase ist in der obigen Zeichnung gestrichelt angedeutet. 


"Kammer"-Modell nach Wirsching, 2. Drehphase; Zeichnung aus Wirsching, SAK 28, 2000

In der 2. Drehphase wird der Obelisk von mit Laststeinen versehenen Seilen über die Quermauer hinter dem Sockel in die aufrechte Position gedreht  (siehe Zeichnung oben). In beiden Drehphasen ist eine Kontrolle der Zugkräfte an den Seilen erforderlich. Die zur Aufrichtung des Obelisken notwendige Kraft ist zu Beginn der 1. Drehphase am größten und wird zunehmend kleiner, je senkrechter der Obelisk steht. Die Verringerung der benötigten Kraft wurde dadurch erreicht,  dass die Länge der einzelnen Zugseile so bemessen wurde,  dass die jeweils daran hängenden Laststeine auf dem Boden aufsetzten, wenn ihre Zugkraft nicht mehr benötigt wurde. Nach Wirsching wurde eine Kraft-aufwendende Haltemannschaft lediglich zum Abbremsen des letzten Schwunges benötigt, wenn der Obelisk aufgrund des eigenen Gewichts in die Senkrechte kippte.

Wirsching berücksichtigt in seinem "Kammer"-Modell auch ein Problem, das häufig ignoriert wurde. Alle Obelisken-Sockel in Karnak haben nach Borchardt (zitiert nach Wirsing, 2000) Nuten in ähnlicher Ausführung. Die Nuten sind ca. 20 - 30 cm breit, 6 - 10 cm tief, und etwas länger als die Basiskante des Obelisken. Im Querschnitt betrachtet sind die Nuten keilförmig, wobei die Seite am Obelisken steil, die zur äußeren Sockelkante hin flach geneigt ist - der Obelisk steht also an der steilen, hinteren Kante der Nut. Dies hat zur Vermutung geführt,  dass der Obelisk während der Drehbewegung in die Senkrechte mit der Basiskante in den Nut eingeklinkt wurde. Dies aber hätte sicherlich dazu geführt,  dass diese Kante, auf der das ganze Gewichte des Obelisken gelastet hätte, unter dieser Belastung wohl gesplittert wäre. 

Nach Wirsching wurde in die Nut jedoch ein halbkreisförmiges Gelenk aus hartem Material (möglicherweise aus Basalt oder Bronze) eingelegt und zwar mit der flachen Seite in die Nut bzw. mit der halbkreisförmigen Seite nach oben (siehe unten). Als Gegenstück oder Gelenkpfanne diente ein Vorsprung am unteren Obeliskenrand, den man bei der Herstellung stehen gelassen hatte. Die Drehbewegung erfolgt in beiden Phasen über diese Gelenkkonstruktion, wobei die extreme Belastung der Obeliskenkante vermieden wird. Beim Anheben des Obelisken entwickelt dieser außerdem aufgrund seines großen Gewichtes auch eine ziemlich große - in der Abbildung unten nach links gerichtete - horizontale Schubkraft. Die Gelenkkonstruktion verhindert - neben der Belastung der Obeliskenkante - auch,  dass der Obelisk aufgrund des Eigengewichtes über den Sockel nach links wegrutscht. Da an keinem der existierenden Obelisken eine Gelenkpfanne gefunden wurde, sind die überstehenden Teile am Obelisken wohl nach der Errichtung abgeschlagen und das Gelenk aus der Nut entfernt worden.


Sockel mit Nut, Gelenk, und Gelenkpfanne an der Obeliskenbasis; links mit dem Obelisken in liegender, rechts in senkrechter Position (Zeichnung von Wirsching, SAK 28, 2000)


Die beim Aufrichten verwendete Nut in der Basis ist hier noch als Kerbe an der Basis des Obelisken des Thutmosis I. in Karnak zu erkennen.

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Copyright: Dr. Karl H. Leser (Iufaa)