Maat-ka-Ra Hatschepsut

last update: 25.03.2008

Sarkophag "C" aus KV20

Der zweite Sarkophag (Sarkophag "C"), den Hatschepsut herstellen ließ, war ursprünglich für sie selbst vorgesehen und in entsprechender Weise beschriftet. Hatschepsut ließ ihn dann aber für die geplante gemeinsame Grablege mit ihrem Vater, Thutmosis I., komplett für diesen umarbeiten.
Thutmosis I. wurde von Hatschepsut vermutlich im Sarkophag "C" in KV20 bestattet, aber Thutmosis III. ließ ihn , nachdem er die Alleinherrschaft übernommen hatte, nach KV38 umbetten. Für die Bestattung seines Großvaters in KV38 lies Thutmosis III. einen neuen Sarkophag (Sarkophag "E" in der Liste von Hayes, 1935) herstellen, der seinem eigenen (Sarkophag "F") ähnelt.
Eine detaillierte Untersuchung des Sarkophags "C" wurde von Der Manuelian and Loeben (1993) vorgelegt - vergleichbare Untersuchungen zu den beiden anderen Sarkophagen der Hatschepsut fehlen dagegen. Heute befindet sich der Sarkophag "C" in der Ausstellung des Museum of Fine Arts, Boston (MFA 04.278). Diese Seite gibt eine kurze Zusammenfassung der Untersuchungen von Der Manuelian and Loeben.

Beschreibung des Sarkophags "C"

Deckel und Unterteil des Sarkophags bestehen aus je einem Stück braunen Quarzit. Das Unterteil ist 225 cm lang, 82 cm breit und 76,5 bis 76,9 cm hoch. Der Deckel hat die Maße 225 x 82 x 12-13 cm. Das Gewicht des Sarkophag-Unterteils beträgt etwa 1,6 t, dass des Deckels etwa 0,7 t (siehe auch Museum of Fine Arts, Boston).

Mit Ausnahme der Längsseiten des Deckels und der Bodenseite des Unterteils ist der Sarkophag innen und außen - einschließlich der Deckelunterseite mit flachen Tiefreliefs dekoriert - das gilt, wie die Abbildung oben zeigt, sogar für die oberen Ränder des Unterteils, die vom Deckel überdeckt werden. Die Dekoration ist auffallend frei von Fehlern, obwohl der Sarkophag mehrmals überarbeitet wurde.

Die Anordnung der Dekoration auf dem Sarg spiegelt die fundamentale Auffassung der Ägypter bezüglich einer "richtigen" Orientierung wieder. Daher steht die Westseite des Sarkophages mit dem Jenseits in Zusammenhang, die Ostseite mit dem Diesseits. Diese Zuordnung zeigt sich auch in den dargestellten Gottheiten (siehe unten). Die Ostseite "gehört" dem Sonnengott und dem Reich der Lebenden, die Westseite zeigt Sprüche der Götter der Unterwelt und aus dem Totenbuch.
Entsprechend der Ausrichtung der Dekoration wurden die Sarkophage auch in der Grabkammer ausgerichtet, der Kopf (= Kopfende des Sarkophags mit Nephthys) nach Norden, die Füße (das Fußende mit der Darstellung der Isis) nach Süden, und die Ost- bzw. Westseiten entsprechend (d.h. der Tote konnte mit Hilfe der Udjat-Augen zur aufgehenden Sonne schauen).
Dies gilt für alle Sarkophage - mit Ausnahme der beiden aus KV20. Sowohl der Sarkophag der Hatschepsut (Sarkophag "D") als auch der hier beschriebene des Thutmosis I. waren mit den Kopfenden nach Süden und somit auch alle anderen Seiten entsprechend verkehrt ausgerichtet.
Es handelt sich aber hier nicht um eine kurzzeitige Unterbrechung der ägyptischen  Begräbnistraditionen. Vielmehr muss man annehmen, dass das Grab trotz des Bogens, den die schlechte Felsqualität erzwungen hatte, so "behandelt" und eingerichtet wurde, als liefe es immer noch geradeaus auf den Tempel der Hatschepsut zu. Wenn das zutrifft, dann wurden beide Sarkophage in Übereinstimmung mit den Begräbnistraditionen aufgestellt.

Nach Der Manuelian and Loeben wurden für Hatschepsut an der Sarkophagwanne alle Außenseiten und der obere Rand sowie am Sarkophagdeckel dessen Oberfläche und die Stirnseiten dekoriert.
Für Thutmosis I. wurden die Dekorationen an den Außenwänden des Unterteils und die an den Rändern des Deckels entfernt und neu erstellt. Zusätzlich wurden die Innenwände des Unterteils und die Unterseite des Deckels dekoriert.
Schließlich musste vor der Grablege von Thutmosis I. noch der Innenraum des Unterteils um maximal 6 cm  erweitert werden, da der anthropoide Holzsarg des Pharaos für das Unterteil wohl zu lang war - dabei wurden Inschriften und Figuren an den Innenseiten des Kopf- und Fußendes teilweise zerstört.


Computer-generierte Darstellung des Sarkophags "C" mit Blick auf die linke Außenseite ("Ostseite"), das Kopfende mit der Göttin Nephthys auf dem Zeichen für "Gold" kniend, die rechte Innenseite ("Westseite") und die Oberfläche und das Kopfende des Deckels;
die beiden Stirnseiten zeigen auf den Innenseiten deutlich die Spuren der Erweiterung für den anthropoiden Sarg des Thutmosis I.
Abbildung aus: Der Manuelian and Loeben (1993)

Dekoration der Stirnseiten:

Die schmalen Seiten des Sarkophags sind auf der Außen- und der Innenseite mit Inschriften und den typischen, knienden Figuren der Göttinnen Nephthys (Kopfende oder Nordseite des Sarkophags) und Isis (Fußende oder Südseite) dekoriert. Beide Göttinnen tragen ein eng dass Gewand, knien auf dem Zeichen für "Gold" (nbw), und halten mit beiden Händen einen "Sn"-Ring als Schutzsymbol.
Infolge der oben erwähnten Erweiterung des Innenraumes sind die ursprünglichen Abbildungen auf den Innenseiten der Stirnwände zerstört und durch grobe "Zweitausgaben" ersetzt worden.


Dekoration der linken bzw. "Ost"-Seite:

Die linke oder "Ost"-Seite des Sarkophags imponiert sowohl auf der Außen- als auch auf den Innenseite durch die beiden Udjat-Augen, durch die der Verstorbene nach Osten dem Sonnengott entgegen ins "Reich der Lebenden" blickt. Die Udjat-Augen markieren daher die Position des Kopfes, alle Inschriften und Figuren auf dieser Wandseite blicken in Richtung der Augen. Auf Kopfhöhe des Verstorbenen blickt Hapi nach Süden, während am Fußende des Sarkophags Qebeh-senuf und - davor - Anubis nach Norden schauen.
Die begleitenden Texte beziehen sich - mit Ausnahme der ersten Textzeile in Köpfhöhe - auf diese drei Götter. In der ersten Textzeile bestätigt Ra die Aufnahme des Pharao "Aa-cheper-ka-Ra" im Himmel.



Computer-generierte Darstellung des Sarkophags "C" mit Blick auf den Innenboden und die Innendekoration der "Ostseite"; auf dem Innenboden ist die Göttin Nut dargestellt, deren an den Innenwänden nach oben reichende Arme den Körper des Verstorbenen umarmen;
Abbildung aus: Der Manuelian and Loeben (1993)

Dekoration der rechten bzw. "West"-Seite:

Auf der "West"-Seite dominieren sowohl auf der Außen- als auch auf der Innenseite (gegenüber den Udjat-Augen der "Ost"-Seite) Inschriften. Allerdings unterschieden sich die Texte, der auf der Innenseite ist länger als der auf der Außenseite. Die Westseite ist den Themen der Totenwelt gewidmet und zeigt Sprüche der Götter der Unterwelt und aus dem Totenbuch. Auf der Innenseite ist eine der ältesten Versionen des Kapitel 72 aus dem Totenbuch erhalten geblieben. Auf den meisten königlichen Sarkophagen der 18. Dynastie ist dieser Spruch auf der Außenseite der Westseite angebracht. Deshalb vermuten Der Manuelian and Loeben, dass dieser Spruch bei der Umarbeitung des Sarkophages auf die Innenseite "verlegt" wurde, so dass Hatschepsut auf der Außenwand Platz für den Text erhielt, in dem sie ihre Verehrung für ihren Vater und die "Herstellung" dieses Sarkophags für ihn kund tut (siehe unten).

Sowohl auf der Außen- als auch auf der Innenseite findet sich in Kopfhöhe eine Abbildung des Imsti, weiter in Richtung Fußende folgen Anubis und Duamutef. Der abschließende Text am Fußende enthält eine Rezitation des Sokar.

Widmungsinschrift der Hatschepsut, in der sie sich der "Herstellung" des Sarkophages für ihren Vater rühmt; Zeichnung aus: Der Manuelian and Loeben (1993)
Nach Der Manuelian and Loeben (1993) ist die Widmungsinschrift der Hatschepsut einer der wenigen historischen Widmungstexte auf königlichen Sarkophagen (auf dem Sarkophag, den Thutmosis III. für Thutmosis I. anfertigen ließ, findet sich ein weiteres Beispiel). Daher soll der Text hier wiedergegeben werden.

Der von rechts nach links laufende Text lautet von oben nach unten:

anx Hr wsrt-kw nbtj wADt rnpwt Hr nbw nTrt XAw
Möge der Horus, Weseret-kau, die zwei Herrinnen, Wadjet-renput, der Goldhorus göttlich an Erscheinungen leben,
nswt bjtj MAat sA Ro HAt-Spswt xnm(t)-Jmn anx Dt
der König von Ober- und Unterägypten, Maat-ka-Ra, Hatschepsut, die vereint ist mit Amun. Möge sie leben ewiglich.
jr.n=s m mnw=s jt=s mr=s nTr nfr nb tAwj
Sie machte (ihn) als Denkmal für ihren geliebten Vater, den Guten Gott, Herr der Zwei Länder,
nswt bjtj aA-Xpr-kA-ra sA Ra DHwtj-msw mAa-xrw
König von Ober und Unterägypten, Aa-cheper-ka-Ra, Thutmosis, gerechtfertigt.

Dekoration des Deckels:

Auf beiden Seiten des Deckels umgibt eine lange Kartusche die gesamte Dekoration. Sowohl auf der Außen- als auch auf der Innenseite steht innerhalb der Kartusche oberhalb einer senkrechten Textzeile die Göttin Nut. Jeweils 3 transversale Textzeilen gliedern die Gesamtfläche.


Dekoration des Bodens:

Der innere Bodenteil des Sarkophags ist mit der größten Figur, der der Himmelsgöttin Nut, dekoriert. Die aufrecht stehende - fast 100 cm hohe - Göttin breitet ihre Arme weit aus, so dass sie an den inneren Seiten empor reichen und auf diese Weise die Mumie des Verstorbenen (bzw. den anthropoiden Sarg "umarmen"; siehe Abbildung oben). Vor ihrem Körper verläuft, senkrecht nach unten, eine einzelne Textzeile mit einer Rezitation des Erdgottes Geb.


 

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Copyright: Dr. Karl H. Leser (Iufaa)