|
Speos Artemidos / Beni Hassan |
last update:
12.12.2009
|
In Beni Hassan wurden zwei kleinere Felsentempel für die hier lokal
verehrte Göttin Pakhet, die "Göttin des Eingangs zum Wüstental"
mit dem Beinamen "Die Reißende", eine der Verkörperungen der Hathor, errichtet.
|
Die Göttin Pakhet taucht auf Sargtexten auf, ihr Kult
ist aber in der Gegend von Beni Hassan offensichtlich nicht vor dem Neuen Reiche belegt.
Möglicherweise hat Hatschepsut mit dem Bau des Felstempels eine bis
dahin unbedeutende Lokalgöttin geehrt und ihren Kult gefördert.
|
Der größere der beiden Tempel ist unter dem griechischen Namen "Speos Artemidos",
("Grotte der Artemis"; arab. Istabl Antar), bekannt, da die Griechen die Pakhet mit ihrer Göttin Artemis gleichsetzten.
|
Der entlang einer Nord-Süd-Achse ausgerichtete Felstempel (Foto unten) liegt auf dem Ostufer des Nils
am Ausgang eines kleinen Wüstentales (Wadi Batn el-Baqara) das
rechtwinkelig vom Flusstal abgeht, ungefähr 1.5 km entfernten von der Nekropole von Beni
Hassan. Der Tempel wurde komplett aus dem Felsen gehauen,
möglicherweise an der Stelle einer älteren Kultstätte aus dem
Mittleren Reich. Die ältesten Dekorationen stammen jedoch aus der Zeit
der Hatschepsut.
|
Für die Anlage sind weder ein ursprünglicher Name noch eine
Datierung seiner Bauzeit in die Herrschaft der Hatschepsut bekannt.
|
Der Speos Artemidos im Morgenlicht (Foto aus: Bickel, Chappaz, 1993).
|
Die Anlage besteht aus einer etwa 15 m breiten Front mit einer quer liegenden Pfeilerhalle (Pronaos),
getragen von zwei Reihen von je von 4 Pfeilern. Von diesen 8 Pfeiler stehen noch die drei östliche (linken), die die
Front der Fassaden bilden.
|
Grundriss des der Pachet geweihten Tempels "Speos
Artemidos" ("Grotte der Artemis") in Beni Hassan; von den
insgesamt 8 Pfeilern stehen nur noch die 3 linken der 1. Reihe.
|
Die bedeutendste Inschrift des Tempels ist
ein Text der Hatschepsut (Urk IV, 383-391) auf der Fassade über dem Eingang. In diesem
klagt sie über die Zerstörungen während der Herrschaft der "Asiaten
aus Auaris" (= Hyksos, die rund 3 Generationen zurück lag, aber immer
noch nicht vergessen war) und berichtet, dass "sie wieder
aufgebaut habe, was zerstört war" - was sie auch getan hat.
|
Erstaunlicherweise findet ihr Vater, Thutmosis I., hier keine
Erwähnung. |
Die Pfeiler waren auf den (nördlichen) Außenseiten
für eine Dekoration mit Hathor-Kapitellen
vorbereitet worden (Bickel, Chappaz, 1993). Die östlichen und westlichen Seiten dieser Pfeiler tragen Inschriften und
Kartuschen von Thutmosis III. und Sethi I. Eine weitere Reihe von
unfertigen Pfeilern trug die Decke der Halle, von wo aus ein Durchgang
zu dem dahinter liegenden Kultraum mit
abschließender Nische führt (siehe Grundriss oben).
|
Die Ostseite des 3. (westlichsten) Pfeilers mit einer Kartusche Thutmosis III. (Foto: W. Ulrich).
Alle erhaltenen Pfeiler sind, wie hier zusehen, auf der Innenseite (Südseite)
nicht bearbeitet. |
Im Portikus selber war lediglich die Südwand (Rückwand)
der Halle mit Szenen und Text von Hatschepsut beschriftet, dieser wurde später von Sethi I. restauriert und usurpiert.
|
Die Decke der Querhalle ist mit Inschriften und Reliefs
dekoriert, die inzwischen stark abgetragen und in einigen Bereichen kaum
noch erkennbar sind. |
Die Rückwand der Querhalle zeigt auf beiden Seiten vom Durchgang ins
Sanktuar Szenen, in denen Hatschepsut vor die Götter tritt. Das folgende Foto
zeigt die beiden Szenen auf der östlichen Seite der Querhalle (Foto: W. Ulrich). |
Die Szene links vom Durchgang zeigt die Überreichung der Khepresch-Krone an Hatschepsut
(geändert in Sethi I.), die im pr-wr vor
dem thronenden Amun kniet. Ihnen gegenüber steht die Göttin Pakhet-Weret-Hekau
mit der Sonnenscheibe auf dem Löwenkopf und streckt segnend die Hand über den Kopf der
knienden Königin (Foto unten; W. Ulrich).
|
Diese Szene ist in
der folgenden Zeichnung von L. Chappaz-Pache (Les Dossiers d´Archeologie,
1993) wiedergegeben. Die Szene wurde später in der 19. Dynastie
umgearbeitet (und zeigt nun Sethi I. der sich kniend zu Amun wendet), aber
die Spuren der originalen Darstellung reichten für die Rekonstruktion in
der Zeichnung.
|
Neben anderen haben Fairman und Grdseloff (JEA 33, 1947) den zur
obigen Szene gehörenden Text der Proklamation der Hatschepsut durch
Amun publiziert. Allerdings haben sie dabei versucht, den Text
so wiederzugeben, wie er ihrer Ansicht nach die originale Form der
Hatschepsut gelautet hatte - obwohl in dieser und allen anderen
Beischriften der Südwand der König männlich ist und alle Kartuschen von Maat-ka-Ra (Hatschepsut)
von Men-maat-Ra (Sethi I.) usurpiert worden waren.
|
Der Beischrift zum Amun lautet:
1 - Ein Opfer, gegeben von Amun-Ra anlässlich des Hervortretens
von
2 - (Maat-ka-Ra), ewiglich
3 - Amun-Ra, Herr des Großen Thrones
4 - Rede von Amun-Ra, Herr der Throne der Beiden Länder, der auf seinem Großen Thron ist (Pr-wr)
5 - Oh meine geliebte Tochter
6 - (Maat-ka-Ra) Ich bin Dein geliebter Vater
7 - (Ich) habe für Dich Deine Stellung eingerichtet im Königtum
8 - der Beiden Länder. Ich habe Deine Titulatur festgeschrieben.
|
Die Beischrift zu Pakhet-Weret-Hekau lautet:
9 - Rede von Pakhet-Weret-Hekau
10 - Herrin des Himmels, Herrin der Beiden Länder: Nimm Deinen Platz ein
(im Pr-wr), Oh Herr
11 - der Götter, nachdem Du mich gesetzt hast
12 - auf der Braue Deiner Tochter, des Königs- von Ober- und Unterägypten
(Maat-ka-Ra) so wie es auch Dein Vater Re befohlen hat, Oh Amun, Herr der Throne der
Beiden Länder. Ich werde die Furcht vor Dir bringen über alle Länder.
13 - Ich selbst erhebe mich zwischen Deinen Augenbrauen, mein
glühender Atem wird wie Feuer sein gegen Deine Feinde und Du wirst voll Freude sein durch mich wie Re, ewiglich.
|
Die Beischrift rechts hinter Amun lautet:
14 - Men-maat-Ra, König von Ober- und Unterägypten, leiblicher Sohn des
Ra, Herr der Kronen, Seti-Merenptah, der das Denkmal seines Vaters
restauriert (hat), auf ewig.
|
Die linke Seite der Wand zeigt Thot vor der Götterneunheit
(siehe folgendes Foto von W. Ulrich). |
Über der Passage zum Sanktuar finden sich zwei Laufszenen von
der inthronisierten Göttin Pakhet auf dem Türsturz, auf der linken östlichen) Seite ein Ruderlauf, auf der
rechten (westlichen) Seite ein Vasenlauf. |
Auf beiden Türgewänden ist jeweils Sethi I. dargestellt (unten
das linke Türgewand; Foto: W. Ulrich). |
Die westliche (rechte) Rückwand der Querhalle zeigt insgesamt 3
Szenen, alle Szene wurden ebenfalls von Sethi I. usurpiert. |
Gesamtübersicht der westlichen Rückwand der Querhalle (Foto: W. Ulrich). |
Linke Szene: Hatschepsut (usurpiert durch Sethi I.) - mit Blick
nach links - vor der
inthronisierten Göttin Weret-Hekau Pakhet (Foto: W. Ulrich). |
Die Szene in der Mitte der westlichen Wand der Querhalle zeigt
Hatschepsut (usurpiert von Sethi I.) - mit Blick nach links - vor einer Göttin mit
Schlangenszeptern (Foto: W. Ulrich). |
Die Szene rechts der westlichen Wand der Querhalle zeigt
Hatschepsut (usurpiert von Sethi I.) mit Blick nach rechts vor Thot (Foto: W.
Ulrich). |
Das Sanktuar ist wohl zu Zeiten der Hatschepsut nicht mehr
dekoriert worden. Das Sanktuar wurde von Sethi I. mit eigenen Inschriften
dekoriert. Insgesamt blieb der Speos Artemidos aber unvollendet.
|
Interessanterweise berichten Fairman und Grdseloff (JEA 33, 1947), dass
sie keinerlei Hinweise darauf gefunden haben, dass der Name des Amun
zerstört worden wäre. Offensichtlich wurde der Speos Artemidos von den
Ikonoklasten der Amarna-Zeit vernachlässigt oder übersehen. Darüber
hinaus fanden sie auch keine Hinweise dafür, dass die Texte der
Hatschepsut von Thutmosis III. verändert worden waren, obwohl sein Name
zweimal auf den Frontpfeilern auftaucht.
|
Der kleinere der beiden Tempel, Speos Batn al-Baqara, wurde bereits
unter Thutmosis III. verunstaltet. |
|