Rote Kapelle der Hatschepsut

last update: 13.04.2009
 

Architektur

 

Die folgende Abbildung zeigt den Grundriss der Roten Kapelle, die Leserichtung an den einzelnen Wände, und die Position der Basen für die Podeste, auf denen Barke und Gaben abgesetzt werden konnten.

Grundriss der Roten Kapelle (L. 17,54 m, B. 6,17 m, H. 5,64 m); die Eingangsseite (Westseite), ist im Grundriss links dargestellt;
die Pfeile zeigen die Leserichtung der Register an; in Grün: die Positionen der Sockel für Podeste (die Größe ist nicht maßstabsgerecht)

Eingang (Westseite) der Roten Kapelle, die Fassade ist ca. 7.70 m hoch und überragt somit deutlich die Kapelle Rückseite (Ostseite) der Roten Kapelle, die Fassade auf der Ostseite ist 5.77 m hoch und somit nur geringfügig höher als die Kapelle; auf der vorletzten Stufe mündet der Abfluss aus dem Sanktuar (siehe unten)


Seitenansicht (Nordseite) der Roten Kapelle

Von der unter Thutmosis III. abgerissenen Kapelle wurden rund 300 Blöcke zwischen 1898 und 1999 wieder gefunden. Die ägyptologische Untersuchung der Blöcke durch das "Centre franco-égyptien d'étude des temples de Karnak (= CFEETK)" unter Leitung von Nicolas Grimal und Francois Larché (s. a. Larché, F., "The Reconstruction of the So-Called "Red Chapel" of Hatschepsut & Thutmosis III. in the Open Air Museum at Karnak", kmt, Vol. 10, No. 4, 1999-2000) und die Erfassung aller architektonischen Details jedes einzelnen Blocks führten schließlich zu einer Rekonstruktion der Roten Kapelle. Der Wiederaufbau wurden dann von dem Steinmetz des CNRS Franck Burgos und dem Architekten François Larché durchgeführt und 2001 abgeschlossen.

Bei der Rekonstruktion ergaben sich ein paar auffällige Details:
- es zeigte sich, dass sich fast alle Reliefszenen jeweils nur über einen Steinblock erstreckten (siehe Foto oben; Foto G. Haferkamp), äußerst selten auch horizontal über zwei Blöcke (siehe Foto unten),
- jedoch niemals vertikal über mehrere Blöcke (mit Ausnahme der Torlaibungen), was die Festlegung der originalen Blockpositionen erheblich erschwerte;
- alle Blöcke waren einheitlich groß, sozusagen Vorläufer der Talatat Echnatons, demzufolge war der Bau relativ einfach - allerdings auch der Abbau unter Thutmosis III.
- die Blöcke wurden beim Bau der Kapelle in "Ziegelbauweise" verlegt (übernächstes Foto).


An dem obigen Wandausschnitt erkennte man gut die "Ziegelbauweise", in der die Rote Kapelle unter Verwendung einheitlicher Blockgrößen erbaut wurde. In der 2. Reihe von unten liegen die Blöcke längs nebeneinander, darüber liegen die Blöcke jeweils quer zur Mauer, wobei sorgfältig drauf geachtet wurde, dass es keine Überschneidung der senkrechten Fugen gab.

Nebeneinander liegende Blöcke wurden durch sogenannte Schwalbenschwänze miteinander verbunden (siehe unten), so dass eine horizontale Verschiebung gegeneinander zumindest während der Bauphase unterbunden wurde.

Ein Schwalbenschwanzfassung zur Verbindung zweier Blöcke der Roten Kapelle (Quelle: CFEETK)

Die äußeren Wände endeten in umlaufenden Rundstäben und wurden durch Hohlkehlen gekrönt (siehe folgendes Foto). Allerdings ist nicht zu übersehen, dass die Rundstäbe nicht an allen Stellen fertig gestellt wurden.


Die Kapelle hat drei Durchgänge, die alle die gleiche Größe hatten und auf einer Ebene liegen (siehe Foto unten). Alle Durchgänge wurden durch zweiflügelige Tore, die sich nach innen öffneten, verschlossen.


Blick von Ost nach West durch die Durchgänge der Rote Kapelle.

Die Türflügel hatten oben und unten je einen Zapfen. Jeder Flügel wurde oben mit dem oberen Zapfen in eine Bohrung des Türsturzes eingehängt, dann wurde der Türflügel unten in einer Rinne nach vorn verschoben, bis der untere Zapfen ebenfalls in einer Bohrung versenkt werden konnte. Anschließend wurde die Rinne mit Steinen verschlossen (Clarke, S., Engelbach, R., Ancient Egyptian Construction and Architecture. New York, 1990).
Die folgenden modifizierten Zeichnungen stammen von Arnold, Lexikon der Ägyptischen Baukunst, 2000. Sie zeigen links oben ein Bohrloch zur Aufnahme des Türzapfens im Türsturz, rechts die Rinne im Boden, in denen der Türflügel bis zum Einrasten nach vorn geschoben wurde, und links unten die endgültige Position des Türflügels.


Die beiden folgenden Abbildungen aus der Roten Kapelle zeigen ein Bohrloch zur Aufnahmen der Türzapfen im Türsturz und die Rinnen im Boden, in denen die Türflügel bis zum Einrasten nach vorn geschoben wurden.


Die obige Aufnahme zeigt einen Verschlussstein in situ, das Objekt befindet sich im letzten Tordurchgang in Medinet Habu.

Die Pflastersteine der Kapelle stoßen perfekt aneinander, nur um die beiden Podestsockel im Sanktuar verlief um jede Basis eine Rinne. Diese Rinnen dienten zur Aufnahme des Wassers, dass zur rituellen Reinigung während der Kulthandlungen verwendet wurde. Von der Rinne um die östliche Basis führte ein Abflusskanal durch die östliche Tür nach draußen (siehe Foto unten).

Basis des östlichen Podestes im Sanktuar, verziert mit einem Lattichfries und umgeben mit einer Rinne zur Aufnahme des überschüssigen Wassers. Oben der der durch den Boden des Osttores führt.


Oben der Diorit-Block aus dem Vestibül.

Der Block wurde 1995 in einem Loch vor Tor des Tempels "Osiris von Koptos" (auf der Ostseite von Karnak) gefunden und anhand verschiedener Merkmale der Roten Kapelle zugeordnet (Larché, 1999-2000). Larché (loc. cit.) vermutet, dass der Block beireits in der Antike bei seiner Zweitverwendung ausgehöhlt worden ist. Ursprünglich war er vermutlich ein flacher Sockel, wie die beiden anderen im östlichen Teil der Roten Kapelle auch, und diente entweder als Opfertisch oder als Barkenpodest im Vestibül.
Die Westseite des Diorit-Blocks trägt den Thron- und Geburts-Namen der Hatschepsut (siehe unten) mit der Beischrift "der Leben gegeben werde, ewiglich" und "Geliebt von Amun, Herr der Throne der Beiden Länder, Herr des Himmels". Über ihrer linken Kartusche steht "sA Ra = Sohn des Ra", über der rechten "Nfr nTr = Guter Gott".


  Der Boden des Vestibüls liegt ca. 20 cm höher als der der westlichen Seite des Sanktuars, die Stufe zum Sanktuar liegt genau im Durchgang (siehe Foto links) und schloss mit der Tür ab.

Der Boden des östlichen Tordurchganges des Sanktuars liegt ca. 25 cm höher als der Boden des Sanktuars - also auf gleicher Höhe wie der Boden des Vestibüls und die Oberfläche der beiden Sockel im Sanktuar. Der Boden des Sanktuars senkt sich also von West nach Ost um 5 cm.

An der Stufe vom Vestibül zum Sanktuar findet sich auf der linken Seite (vom Sanktuar aus gesehen), direkt über der Rinne für den Einschub des Türflügels, noch eine Kartusche der Hatschepsut (Foto links).

  Der Boden im Vestibül ist nicht dekoriert.

Im Sanktuar dagegen ist ein großer Block (Nr. 249), der zwischen den beiden Basen für die Podeste liegt, mit einem Muster versehen, das jeweils links ein wAs-, in der Mitte ein Dd-, und rechts ein anx-Zeichen gemeinsam über einem nb-Zeichen vereint - zusammen zu lesen als: "Alles Glück, alle Dauerhaftigkeit, alles Leben".
Alle anderen erhaltenen Blöcke des Bodens sind undekoriert!

Die Dekoration des zugestaubten Blockes ist nur mit Mühen zu erkennen, das Foto links wurden nach einem kurzen Regen aufgenommen.

 

  Decksteine wurden bisher offensichtlich nicht gefunden, möglicherweise ist die Kapelle nicht fertig gedeckt gewesen. Wie aus dem Foto links hervorgeht, ist jedoch rundum auf dem Mauerwerk, ausreichend Platz als Auflagefläche für eine Decke vorhanden.
 

Die einzelne Blöcke können auf folgenden Seiten angesehen werden:

Rote Kapelle - Verteilung der Blöcke auf der Südwand

Rote Kapelle - Verteilung der Blöke auf der Nordwand

Rote Kapelle - Verteilung der Blöcke auf dem Westtor

Rote Kapelle - Verteilung der Blöcke auf dem Osttor

Rote Kapelle - Verteilung der Blöcke auf der nördlichen Innenwand des Vestibüls

Rote Kapelle - Verteilung der Blöcke auf der südlichen Innenwand des Vestibüls

Rote Kapelle - Verteilung der Blöcke auf der nördlichen Innenwand des Sanktuars

Rote Kapelle - Verteilung der Blöcke auf der südlichen Innenwand des Sanktuars

Rote Kapelle - Verteilung der Blöcke auf den Toren des Sanktuars


Copyright: Dr. Karl H. Leser (Iufaa)