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Medinet Habu |
last update:
14.01.2010
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Baugeschichte des Tempels aus der 18. Dynastie |
Untersuchungen des Oriental Institutes der Universität
Chicago in den 30-iger Jahren des letzten Jahrhunderts (unter der
Leitung von U. Hölscher) deuten
darauf hin, dass der von Hatschepsut und Thutmosis III. erbaute kleine
Amun-Tempel (blaues Rechteck in der Abbildung oben) ältere Gebäude ersetzte, die
wahrscheinlich ins Mittlere Reich zu datieren sind.
Nach Ansicht von Hölscher zeigen die Untersuchungen, dass unter dem
östlichen Teil des kleinen Tempels, den Hatschepsut und
den Thutmosis III. mit mehreren Planänderungen letztlich erbauen ließen, die Fundamente von
mindestens 2 älteren Bauten liegen.
Außerdem konnte Hölscher (1930) zeigen, dass in dem Tempelbau aus der 18.
Dynastie Steinblöcke aus einem älteren
Bau wieder verwendet worden waren.
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Die obige Rekonstruktion von Hölscher (1930) zeigt den Grundriss der "ältesten"
Anlage. Von der
"ältesten" Kapelle, bzw. der Plattform auf der diese stand, sind
nur von der Westseite ein paar Steine der untersten Steinlagen erhalten geblieben.
Kapelle und
Hof waren von einer 1 m breiten Mauer aus Nilschlammziegeln umgeben.
Von der hinteren (westlichen) Mauer sind Reste erhalten geblieben (= Brick).
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Bei den Ausgrabungen fand Hölscher halb unter der Pfeilerhalle des
Thutmosis III. und halb östlich davor liegend die Überreste eines
kleinen Gebäudes. Ungefähr 180 cm unter dem Fußboden der Pfeilerhalle lag auf einem
Sandbett die unterste Lage des Fundaments aus Sandsteinblöcken. Auf der
Oberfläche dieser Lage ließ sich noch der Verlauf der Mauern erkennen,
die einst darauf standen.
Auf der Westseite des Gebäudes, d.h. ebenfalls unter der
Pfeilerhalle, fanden sich noch Sandsteinblöcke aus der 2. Lage. Zwei
Blöcke der 3. Lage, die oberhalb des heutigen Fußbodens lag, fanden sich
in situ im Mauerwerk des Tempels der 18.
Dynastie.
Die Ostseite ist komplett verschwunden. Aus der Fläche des Sandbettes, auf dem die erste
Steinlage verlegt worden war, konnte noch auf die ungefähre Ausdehnung
des Gebäudes (Länge: 8 m, Breite: 7.15 m) geschlossen werden.
Hölscher rekonstruierte anhand dieser Befunde eine Kapelle mit drei Räumen auf der Westseite
der Gebäudes. Kapelle und
Hof waren (siehe Grundriss oben) von einer 1 m breiten Mauer aus Nilschlammziegeln umgeben.
Von der hinteren (westlichen) Umfassungsmauer sind Reste erhalten geblieben (= Brick).
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Weiterhin entdeckte Hölscher Fragmente eines aus Kalksteinen
erbauten Gebäudes, die im Tempel der 18. Dynastie wiederverwendet
worden waren. Diese Fragmente und
der Fund von 4 oben abgerundeten Kalksteinblöcken aus einer
Brüstung veranlassten Hölscher anzunehmen, dass diese Reste zu einem
Umgangstempel (= Peripteral-Tempel; zentraler Tempelbau, der von einem
Pfeilerumgang umgeben ist) gehörten. Wo dieser Peripteral-Tempel
gestanden hat und ob er irgendeine Verbindung zu der "ältesten"
Kapelle hatte, ließ sich nicht feststellen, aber Hölscher vermutete, dass der von
ihm so bezeichnete "älteste" Peripteral-Tempel vor der "ältesten"
Kapelle gestanden hat.
Die Dekoration dieses Peripteral-Tempels war noch nicht fertiggestellt
worden, als er zusammen mit der später erbauten Kapelle von Hatschepsut wieder abgerissen wurde. Aufgrund der
Tatsache, dass die Reliefs unfertig waren, vermutet Hölscher, dass
dieser Peripteral-Tempel wahrscheinlich von einem der unmittelbaren
Vorgänger der Hatschepsut erbaut worden ist.
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Kalksteinblock aus dem "ältesten" Peripteral-Tempel, der in der Südwand des
Barkenschreins wiederverwendet wurde. Der Block zeigt links einen stehenden Gott
(vermutlich Amun), rechts hinter ihm ein leeres Textband für die Inschriften.
Auf der zerstörten rechten Seite des Blocks erkennt man links von der
ausgebesserten Spalte noch die Hinterseite einer Figur mit einem Stierschwanz,
d.h. die Reste einer Königsdarstellung. Hier waren vermutlich von links nach
rechts Szene aneinander gereiht, in denen ein König vor einem Gott dargestellt
wurde. |
Die "älteste" Kapelle (i.e. Plattform und Kapelle) sowie der Peripteral-Tempel lassen sich nach Hölscher lediglich in die Zeit
"vor Hatschepsut" zu datieren, genauere Datierungen sind aufgrund der
Fundlage nicht möglich.
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Bei den Ausgrabungen entdeckte Hölscher die Reste von 4 Ziegelmauern (siehe
Zeichnung oben; Hölscher, 1930). Die Reste der dicksten Mauer (ca. 2.70 m) fanden sich direkt auf der Westseite der heutigen Anlage und verliefen parallel zu den 6 Kultkammern der Hatschepsut. Neben
der oben bereits erwähnten Ziegelmauer, die vermutlich die "älteste"
Kapelle und deren Hof umgab, fand man unter der Pfeilergalerie des
Thutmosis III, also vor den Kammern der Hatschepsut, die Überreste von 2
weiteren Mauern, die ca. 1.3 m dick waren.
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Die innerste (östlichste) dieser beiden Mauern lag direkt neben (westlich
von) der alten Umfassungsmauer und enthielt Ziegel mit dem Stempelabdruck
"Maat-ka-Ra". Hölscher vermutet, dass Hatschepsut diese Mauer
in der ersten Zeit ihrer Herrschaft errichten ließ. Obwohl sich Reste der Mauer nur unter der Pfeilergalerie des Thutmosis III. nachweisen
ließen, vermutet er, dass diese Mauer die ganze damalige Anlage (also
"älteste" Kapelle und "ältesten" Peripteros)
umschloss.
Diese Mauer ließ Hatschepsut abreißen und
ca. 3 m nach Westen verlegen, um Platz für ihren Schrein zu schaffen (siehe
nächste Abbildung).
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Die folgende Rekonstruktion von Hölscher zeigt auf der Ostseite die Plattform
(Sandstein; ca. 8 x 7.2 m), auf der die "älteste" Kapelle
(ebenfalls aus Sandstein) errichtet worden war, und auf der Westseite den
Schrein, den Hatschepsut hier errichten ließ. Die Front des Schreins
steht halb auf der Plattform der "ältesten" Kapelle. Die
Tatsache, dass ein paar Sandsteinblöcke der "ältesten" Kapelle
unter der Ostseite des Tempels in situ aufgefunden wurden, veranlasste
Hölscher zu der Annahme, dass zumindest ein Teil der
"ältesten" Kapelle noch vorhanden war, als Hatschepsut mit dem
Bau ihres Schreins begann.
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Rekonstruktion von Hölscher (1930), vorne die Plattform (ca.
8 x 7.2 m) auf der die älteste Kapelle stand,
dahinter ein kleiner Schrein, der in der ersten Phase ihrer Herrschaft von
Hatschepsut gebaut wurde. Die schraffierten Blöcke sind erhalten, der
Rest ist eine Rekonstruktion.
Die Plattform der "ältesten" Kapelle und den Schrein
der Hatschepsut erkennt man noch in den nachfolgenden Grundrissen jeweils auf
der rechten (östlichen) Seite der Anlage, halb überdeckt von den späteren Bauten
von Hatschepsut und Thutmosis III. |
Die 2. Umfassungsmauer liess Hatschepsut später auch wieder abreißen
und weiter nach Westen verlegen, um Platz zu schaffen für neue
Erweiterungen der Anlage.
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Das Foto oben zeigt die Fundamentblöcke der west-südlichen Ecke des Tempels. Die Blöcke wurden 2005 vom Epigraphic Survey Project
bei Restaurierungsmaßnahmen freigelegt. |
Die Untersuchungen von Hölscher legten weitere Fundamente frei, die
anzeigten, dass Hatschepsut die Anlage auf der Westseite durch 6
Kapellen und eine Querhalle (östlich vor den Kapellen) errichten ließ.
Die Mauern unter der Mitte der Querhalle deutet darauf hin, dass diese
vermutlich durch
eine Reihe von wahrscheinlich 4 Pfeilern getragen werden sollte (siehe
Zeichnung unten). Der so entstandene quadratische Platz mit ihrem Schrein im Zentrum
wurde zu einem Peripteral-Tempel umgewandelt.
Mit dem Bau dieser Tempelanlage
begann Hatschepsut jedoch nach Hölscher vermutlich erst in der 2. Hälfte ihrer Regierungszeit.
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Die obige Rekonstruktion zeigt den Tempel nachdem Hatschepsut (von Ost
nach West) den Schrein (5.25 m), umgeben von
einer Pfeilergalerie, die Querhalle (Breite ca. 11 m, Tiefe ca. 4.3 m) und
dahinter die 6 Kapellen erbauen ließ (aus: Hölscher, 1930). Zu den
eingezeichneten Säulen ließen sich jedoch bei den jüngeren Untersuchungen
des Oriental Institutes keine Basen nachweisen, d.h. diese Säulen wurden
von Hölscher falsch rekonstruiert, diese Säulen wurden niemals
errichtet.
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Bis auf kleinere Arbeiten wurden die 6 Kultkammern und die Querhalle unter
Hatschepsut vermutlich fertig gebaut. Die von ihr fertig gestellten Reliefs zeigten
vereinzelt Thutmosis III., aber als Koregenten. Nachdem er allein
herrschte, ließ er Reliefs und Inschriften da ergänzen, wo diese fehlten
(vgl. folgende Zeichnung). In den Räumen L und M war die Fertigstellung
der Reliefs unter Hatschepsut wohl verzögert worden, da die Frontseiten (Türdurchgänge)
noch offen gelassen worden waren.
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Thutmosis III. hat die Anlage erneut umgestaltet (siehe Grundriss unten). Peripteros und Schrein der Hatschepsut wurden auf Kosten der
Querhalle verlängert, diese wurde abgebaut.
Der neue Schrein im Peripteral-Tempel wurde jetzt doppelt so lang (10 x 20 ägyptische Ellen, entspr. 5.25 x 10.5 m) wie der Vorgängerbau von
Hatschepsut.
Zur Zeit von Thutmosis III. hatte der Schrein die
gleiche Höhe wie die umlaufende Pfeilergalerie, die oberen zwei
Steinlagen stammen aus ptolemäischer Zeit. Ob der Raum Licht durch eine
Öffnung im Dach erhielt, ist nicht bekannt.
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Die Außenseiten des Schreins wurden gleich beim Bau dekoriert. Mit
Ausnahme der Ostseite, die unter den Ptolemäern verändert wurde, blieb
die Dekoration dieser Wände einschließlich der Zerstörungen der
Amarna-Periode erhalten. Die Innenwände wurden komplett in ptolemäischer Zeit restauriert, wobei aber versucht wurde, sich
möglichst genau an originale Dekoration zu halten - sogar ein
Restaurierungsvermerk von Sethi I. wurde korrekt wiedergegeben.
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Der Grundriss zeigt die Teile des kleinen Amun-Tempels, die aus der Zeit
der Hatschepsut (I-----I) bzw. des
Thutmosis III. (I-----I) stammen. Die roten
Striche in den Kapellen der Hatschepsut markieren die Wände, die für
Hatschepsut dekoriert worden waren - alle anderen Wandabschnitte wurden
entweder für Thutmosis III dekoriert oder waren für Hatschepsut
vorskizziert und für Thutmosis III. umgewidmet.
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Oben eine Rekonstruktion des kleinen Amuntempels von Hölscher
(1930), nach dem Umbau durch Thutmosis III. |
Heutige Ansicht der Südseite des Tempelteils aus der 18.
Dynastie, links die 6 inneren Kapellen (im Grundriss links oben). Vor den Kapellen steht direkt das Barkenheiligtum, errichtet von Thutmosis III.,
welches von einer umlaufenden Galerie umschlossen ist (oben und unten rechts).
Die Kapellen, aus denen auch die Darstellung des Thutmosis
III, opfernd vor Amun (unten links), stammt, sind zur Zeit nicht zugänglich.
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Die Dekoration des kleine Amun-Tempels wurde in späterer Zeit
noch mehrfach verändert und
ergänzt.
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Oben: Blick auf den Eingang zur Galerie vom Vorhof aus,
der in kuschitischer Zeit zwischen dem Barkenheiligtum und dem Pylon
errichtet wurde (s. a. folgende Zeichnung)
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In der 20. Dynastie wurde der kleine Amun-Tempel schließlich Teil der
Tempelanlage von Ramses III. in Medinet Habu. Unter Ramses III. wurden
erstmalig die Außenseiten des Tempels mit Ausnahme der westlichen
Rückseite von oben bis unten mit Szenen
dekoriert, die den König vor verschiedenen Göttern zeigen.
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Da der Ort, an dem der kleine Tempel des Amun stand, als ein besonders
heiliger Ort angesehen wurde, hat
Ramses III. diesen Tempel vermutlich in seinen Tempel
integriert, um seinem Bauwerk einen größeren Schein an
"Heiligkeit" zu verleihen.
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Der kleine Tempel des Amun in Medinet Habu, Djeser Set,
wurde während der kuschitischen Herrschaft (25. Dyn., ca. 715-664 v.
Chr.) - vermutlich von Taharqa - ausgebaut.
Hölscher (1958) rekonstruierte eine Erweiterung des Tempel durch eine
fensterlose Halle aus Nilschlammziegeln und einen breiten Eingangspylon
mit 4 Flaggenmasten.
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Neuere Untersuchungen des Epigraphic Survey-Projektes des
Oriental Institutes, Chicago, zeigten, dass diese Rekonstruktion falsch war.
Statt einer schmalen Halle war eine Kolonnade mit je 6 Säulen auf beiden
Seiten erbaut worden. Die Säulen standen allerdings nicht frei, sondern
waren durch Schranken (Wände in den Interkolumnien) miteinander verbunden. Zwischen der Kolonnade
und dem Pylon wurde noch ein Vestibül direkt an die Westseite des Pylons
angebaut (siehe folgende Zeichnung; OIC, Epigraphic Survey - Annual Report
1996-96). |
In ptolemäischer Zeit wurde diese Kolonnade umgebaut.
Dabei wurden die Schranken in den Interkolumnien und das Vestibül entfernt, die Anzahl der
Säulen auf jeder Seite auf 8 erhöht, die ganze Kolonnade durch zwei
Außenwände zu einer dreischiffigen Halle mit zwei Toren kurz vor dem Pylon
erweitert (siehe unten).
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In persischer (saitischer) Zeit wurde der Tempel durch einen Anbau vor
dem kuschitischen Pylon erweitert. Der Erbauer lässt sich nicht mehr
feststellen, in ausgekratzten Kartuschen hat sich Nectanebos I.
verewigt.
Hölscher (1958) rekonstruierte hier eine Barkenstation, die aus zwei Reihen von je
4 Säulen auf jeder Seite bestand, die mit Schranken in den Interkolumnien verbunden
waren. Die Barkenstation dürfte vermutlich
der "Großen Kolonnade" des Taharqa im Karnak-Tempel sehr
ähnlich gewesen sein. Die Schranken in den Interkolumnien waren so hoch, dass das Innere
der Barkenstation dem Blick entzogen war.
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In ptolemäischer und römischer Zeit (im 2. Jhd. n. Chr.)
kamen, neben anderen Erweiterungen, u. a. ein weiterer Pylon (siehe Foto unten), die Nebenräume am
Peripteros des Thutmosis III., und vor dem neuen ptolemäischen
Pylon noch ein "römisches" Tor (geplant war ein Portikus mit 8 Säulen und
einem Vorhof, der aber nicht vollständig ausgeführt wurde) hinzu.
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Oben der unter Ptolemaios VIII. errichtete Eingangspylon
und davor das "römische" Tor;
der Blick durch die Achse lässt den Pylon aus kuschitischer Zeit und
den Eingang zur Galerie (ganz hinten) erkennen
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Bei den ptolemäischen und römischen Erweiterungen wurden offensichtlich
zahlreiche Steinblöcken aus dem Ramesseum wiederverwendet, wobei die
Blöcke zum Teil so verbaut wurden, dass die ursprüngliche Dekoration in
das Innere der Wände verlegt wurde.
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Oben die "Bettszene" aus einem Geburtsmythos. Die Szene zeigt die "Vereinigung" zwischen
Amun (links) und der auserwählten Königin (rechts). Beide werden dabei auf einem "Löwenbett" von zwei Göttinnen
(unten rechts: Neith) getragen
(vgl. Brunner, H., Die Geburt des Gottkönigs., 1986). Der Block wurde im
südlichen ptolemäischen Anbau an den Umgangstempel des Thutmosis III. auf
dem Kopf stehend eingebaut. In der gleichen Wand wurden weitere Blöcke aus
dem Geburtsmythos verbaut, auf diesen finden sich auch die Kartuschen der
Königin Tujj, Mutter von Ramses II., d.h. die Blöcke stammen wohl aus dem Ramesseum. |
Im Raum P befindet sich ein Naos, der aus ptolemäischer Zeit stammt, und
nach dem Abbau der Rückwand in den eingebaut wurde. Einige Steine der
Rückwand des Raumes P sind heute noch auf der Außenseite mit den
demotischen Zeichen markiert, die man benutzt hat, um die Position der
Steine für den Wiederaufbau der Wand zu kennzeichnen (siehe folgende
Abbildung). |
Demotische Zeichen zur Markierung zweier nebeneinander
liegenden Steinblöcke. |
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