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Der Tempel des Amun-Kamutef in Theben |
last update:
30.12.2006
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Lage des Kamutef-Tempels (nach:
Porter & Moss, II, Plan XXIV) |
Die Reste des Kamutef-Tempels liegen am Prozessionsweg der
Hatschepsut vom Karnak- zum Luxor-Tempel, an dem Teilstück des Weges, das den
10. Pylon mit dem Tempel der "Mut von Ascheru"
(´siehe folgende Fotos) verbindet. Direkt gegenüber dem
Tempel des Kamutef liegt auf der anderen Seite der Allee der Crio-Sphingen ein
Stationstempel (= Barkenstation). Die vorliegende Seite behandelt den Tempel des
Kamutef, der Stationstempel wird auf einer eigenen Seite vorgestellt. |
Oben der Blick über den Prozessionsweg zum 10. Pylon,
unten der Blick nach Süden zum Eingang des Mut-Tempelbezirks.
Rechts ist der Eingang zum Stationstempel der Hatschepsut zu sehen.
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Die Lage des Kamutef-Tempels und des Stationstempels wurde schon auf der
Karte von Karnak in der "Description" verzeichnet, allerdings noch ungenau in Bezug
zu den umgebenden Bauten. Im Text der "Description" finden sich
dagegen keine Hinweise auf die Bauwerke.
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Während der Lepsius-Expedition im 19. Jhd. wurden die zugänglichen Baureste
vermessen und in den "Situationsplan der Ruinen von Karnak" eingetragen. Die
Freilegung beider Tempel wurde schließlich auf Bitten von Borchardt im Auftrage
der Altertumsverwaltung durchgeführt. 1936 ließ Chevrier den Stationstempel
ausgraben, weitere Untersuchungen wurden 1937 von Ricke durchgeführt. |
Beide Tempel sind weitgehend zerstört. Die östlich vom Prozessionsweg liegenden
Reste weist Ricke einem einzigen Bauwerk zu, dem Tempel des Kamutef. Ricke
konnte bei seinen Ausgrabungen den Tempel nicht in allen Bereichen zweifelsfrei
rekonstruieren, aber er konnte zeigen, dass das Bauwerk in mehreren Bauabschnitten
errichtet worden war. |
Grundriss des Kamutef-Tempels (rechts) und der
Barkenstation (links) nach einer Rekonstruktion von Ricke (1954). Unten der
Blick entlang der Tempelachse vom Eingang zum Hauptgebäude des Kamutef-Tempels. |
Der ursprüngliche Tempelbau hatte eine Breite von 32 m, eine
Tiefe von 39 m, und stand auf einer Fundamentplatte, deren erhaltene Teile etwa
2.20 m dick waren.
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Oben ein Blick auf die Reste des Kerntempels, in der Mitte vorn der Eingang, vor
dem unter Amenhotep III. zwei Sitzstatuen der löwenköpfigen Göttin Sakhmet
aufgestellt wurden, die heute fast vollständig zerstört sind. |
Die Fundamentplatte (siehe folgende Abbildung) bestand aus drei Schichten von
Sandsteinblöcken. Vermutlich waren die Sandsteinblöcke so tief in den Boden versenkt worden,
dass der Flur des Tempels ebenerdig lag. Die unteren
Schichten bestanden aus roh bearbeiteten Blöcken, die Steine der oberen Schicht waren
sorgfältig aneinandergepasst und auf der Oberfläche geglättet worden. Um der
Platte eine ausreichende Stabilität zu geben, waren die Blöcke so übereinander
verlegt worden, dass sich die Fugen sehr selten überdeckten.
Von der Fundamentplatte und den Mauern darüber sind vor allem auf der Nordost-
und der Südseite zahlreiche Steine weggeholt worden - wahrscheinlich schon im
Altertum. |
Seitenansicht der Fundamentplatte ausgehend vom Raum
27 (siehe Plan unten) in Richtung Westen. |
Vom Mauerwerk, das auf der Platte gestanden hat, sind größere Teile der unteren
Schicht erhalten. Die erhaltenen Mauerreste bestanden aus Blöcken, die ganz
durch die Wand reichten. Da wo sie fehlen, konnte Ricke vereinzelt die
Vorzeichnung des Grundrisses beobachten, die in die obere Steinlage eingeritzt
worden war. |
Zeichnerische Rekonstruktion des Kamutef-Tempels
nach der 1. Bauphase (nach Ricke, 1954)
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Der Grundriss der ursprünglichen Tempelanlage ist klar gegliedert (siehe oben).
Ein Vorhof (1) erstreckte sich über die gesamte Breite und zwei
Fünftel der Tiefe.
Hinter dem Vorhof erstreckten sich in West-Ost-Richtung drei gleich große
Gebäudestreifen.
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Den mittleren Streifen bildete ein streng symmetrischer Kerntempel, der nur vom
Vorhof aus zugänglich war. Der Eingang führte in eine überdachte Vorhalle
(2; Breite: 9.50 m, Tiefe: 8,50 m),
deren Dach von vier 16-kantigen Pfeilern getragen wurde. Von den Pfeilern fand
Ricke noch Basen oder die untersten Trommeln.
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Auf die Vorhalle folgte nach Osten ein fast quadratischer Raum (3; etwa 4 m
Seitenlänge), der möglicherweise nicht überdacht war. Zu beiden Seiten dieses
Raumes lag jeweils eine Kapelle mit einem Vorraum (4, 5
und 6, 7). Anhand von Reliefsresten im Raum
5 konnte belegt werden, dass die Räume 5
und 7 Kapellen waren. Von der Rückwand im Raum
5
fanden sich Reste, die einen König zeigten, der von einer Göttin (rechts) vor einen Gott
(links) geführt wurde. Aus dem Raum 7
wurde ein Teil der Rückwand gefunden, mit einer Darstellung des "Amun-Ra-Kamutef,
hoch an Federn, der sich seiner Schönheit rühmt" (siehe folgende Abbildung). |
Reliefrest der Rückwand von Raum 7 (nach Ricke, 1954)
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Hinter dem quadratischen Raum folgte abschließend ein zentraler Raum (8) mit drei
Statuenschreinen ( 9 - 11; jeder Schrein war etwa 2 Ellen breit
~ 105 cm) an der Ostwand. Vom zentralen Raum ging auf beiden Seiten
eine Reihe von drei
hintereinander liegenden Räumchen (12 - 14;
15 - 17) ab, die nur durch den ersten dieser drei Räume
zugänglich waren. Aufgrund der Lage und der Anordnung der Zugänge waren die
Räume 12 - 14 und
15 - 17 vermutlich keine Kapellen, sondern
Lagerräume für Kultgegenstände. |
Die beiden äußeren Flügel hatten ebenfalls nur einen Zugang vom Vorhof (1). Sie
waren vermutlich
symmetrisch aufgebaut und bestanden aus einer Reihe von Kapellen
(jeweils auf der Seite des zentralen Flügels gelegen). Auf beiden Seiten war
Platz für 9 Kapellen, Ricke konnte auf der Nordseite (18 -
26) jedoch nur 7 und auf der
Südseite (28 - 36) sicher nur 5 nachweisen.
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Dass es sich bei den Räumen 18 -
26 auf der Nordseite und 28 - 36 auf der
Südseite um Kapellen und nicht um Lagerräume gehandelt hatte, leitete Ricke aus
den Funden in den Räumen 18 - 21 ab. Im Raum 18 lag
der obere Teil eines Hathorsymbols (Sandstein; 90 cm hoch, 40 cm breit). Im Raum
19 fand sich die stark verwitterte Fussplatte einer Statuengruppe (dunkelgrauer
Granit), mit je 2 Fußpaaren auf beiden Seiten eines Rückenpfeilers. Die
Reste der Inschriften ergaben, dass jedes der beiden Paare die Statue eines Königs namens
Senwosret (vermutlich Senwosret I.) enthielt, dessen Füße auf den "Neun Bögen"
standen. |
In Raum 20 wurde der Rest einer lebensgroßen Statuengruppe (gelb-roter Quarzit)
gefunden. Die Gruppe zeigt nebeneinander auf einem Thron sitzend eine männliche
und eine weibliche Figur. |
Diese Statuengruppe liegt heute außerhalb der
Tempelanlage recht vor dem Eingang. Da die Gruppe auf der linken Statuenseite
liegt, wurde das Bild oben im Uhrzeigersinn gedreht. Die Zeichnung unten gibt
einen Rekonstruktionsversuch der Statuengruppe wieder (nach Ricke, 1954; Angaben in cm) |
Die männliche Figur trägt Königsschurz, Gürtel, und
(zwischen den Beinen erkennbar) einen Stierschwanz. Auf ihr linken Seite ist der
Rückenpfeiler über den Thron hinaus erweitert worden. Auf dem unteren noch
erhaltenen Teil deutet das quadratische Muster einen Lattichgarten an (siehe Photo unten). Da sich der linke Arm der
Figur nirgends in der Skulptur abzeichnet, war er wohl in der für Min typischen
Haltung erhoben. Ricke vermutet daher auch eine Geißel über dem erhobenen Arm. |
Die weibliche Figur trägt ein eng anliegendes Gewand, der rechte Arm ist samt
Hand, die auf dem rechten Oberschenkel lag, weggebrochen. Wen diese Figur
darstellt, eine Göttin (z.B. Amaunet) oder eine Königin, lässt sich nicht mehr
feststellen. Ricke, der die Statuengruppe aufgrund der Modellierung der Körper
in die frühe 18. Dynastie datiert, favorisiert hier eine Darstellung der
Hatschepsut. |
In Raum 21 stand ebenfalls eine vermutlich lebensgroße Sitzfigur (Sandstein),
von der nur die stark verwitterte Fussplatte und ein paar Zehen übrig geblieben
sind. |
Das die ursprüngliche Tempelanlage wie oben dargestellt als einheitliches
Gebäude errichtet worden und der älteste Teil war, geht nach Ricke aus den
Bauresten hervor. Der schlechte Erhaltungszustand vor allem der Nord- und
Südflügel zwang jedoch zu einigen Annahmen. Die Vorzeichnungen auf dem Pflaster,
kleine Gebäudereste, und die streng symmetrische Anlage des zentralen
Tempelhauses erlaubten jedoch den Grundriss des Tempels zu rekonstruieren. |
Wie die beiden Räume 27 und
37 gestaltet waren, die in
West-Ost-Richtung vor den Kapellen lagen, ließ sich wegen des schlechten
Erhaltungszustandes nicht mehr rekonstruieren.
Daher ist unklar, ob die beiden 5 m breiten Räume nach oben offen oder überdacht
waren und ob ein möglicherweise vorhandenes Dach von Säulen oder Pfeilern
getragen wurde. Nur für den nördlichen Raum (27) konnte eine äußere Begrenzung
nachgewiesen werden. |
Ebenso konnte nicht mehr geklärt werden, wo die Westfront des Tempels lag und
wie der Vorhof (1) ausgestaltet war. Die obige Zeichnung gibt daher nur eine
mögliche Rekonstruktion wieder. |
Aus den gefundenen Relieffragmenten schloss Ricke, dass der ursprüngliche Tempel
von Hatschepsut errichtet worden war. Dies geht vor allem aus Resten von
Namensfriesen (Kryptogrammen), Horus- und Thronnamen der Hatschepsut hervor.
Alle Namen wurden unter Thutmosis III. weggemeißelt, in einigen Fällen auch
durch seine eigenen Namen ersetzt. Später haben auch Sethos I. und Ramses IV.
ihre Namen im Tempel angebracht. |
Anbauten und Veränderungen |
Die Anlage wurde möglicherweise schon wenige Jahre nach der Errichtung
verändert. Auf der ganzen Länge wurde an der Nordseite ein Anbau, bestehend aus
einem Hof und mehreren Räumen auf der Westseite, ergänzt. Von dem Anbau sind bis
auf wenige Mauerreste nur das Fundament erhalten. Das Fundament ist sorgfältig
an die Fundamentplatte des Haupttempels angefügt und weist dadurch das Gebäude
eindeutig als Anbau aus. |
Die Untersuchung des Fundamentes ergab weiterhin, dass der Anbau in zwei Phasen
errichtet wurde. In der 1. Phase wurde das Gebäude bis ca. 1,5 m vor der
westlichen Front des Haupttempels fundamentiert, obwohl die Vorzeichnung zeigt,
dass ursprüngliche eine gemeinsame Westfront mit dem Haupttempel geplant war. In
der 2. Phase wurde dann das Fundament des Anbaus nach Westen erweitert und
schloss, wie ursprünglich vorgesehen, mit dem des Haupttempels gemeinsam ab.
Allerdings scheint der Erweiterungsbau nie fertig geworden zu sein, denn die
Pflasterschicht wurde oben nur so weit geglättet, wie es zur Errichtung der
Mauern notwendig war. |
Der Anbau kann nur vage rekonstruiert werden, Zeichnungen früherer Besucher
erwiesen sich als nur eingeschränkt hilfreich.
Ebenso wenig kann der
Erweiterungsbau sicher datiert werden. Er scheint aufgrund der Vorzeichnungen,
des Mauerwerks und der Steinbehandlung in der frühen 18. Dynastie erbaut worden
zu sein. Auffällig ist jedoch das Fehlen jeglicher Reliefreste, die auf
Hatschepsut hindeuten würden. Statt dessen finden sich einige Hinweise von Thutmosis
III. Es wäre also einerseits denkbar, dass der Erweiterungsbau unter Thutmosis
III. errichtet worden ist, andererseits könnte er auch von Hatschepsut erbaut
und später von Thutmosis III. dekoriert worden sein. Schließlich könnten die
wenigen Reliefreste, die auf Thutmosis III. hinweisen, auch aus dem Haupttempel
stammen. Letztendlich erschien Ricke aber eine Datierung in die 18. Dynastie als
gesichert. |
Auf der Westseite des Gebäudes wurden, hintereinander auf der Tempelachse
liegend, zwei Säulenhallen erbaut. Zuvor waren wohl die unter Hatschepsut
erbaute Westmauer des Vorhofes, deren Fundament, und ggf. alle dort errichteten
Bauteile abgerissen worden. Die westliche Umgrenzungsmauer wurde ersetzt, es
sind aber kaum Reste von ihr erhalten. |
Die innere Säulenhalle aus mindestens 4 Säulen wurde in den Vorhof eingebaut.
Die Bauausführung war jedoch so schlecht, dass kaum etwas erhalten geblieben
ist. Wahrscheinlich wurde die Säulenhalle schon im Altertum zerstört, denn einige
Säulenbasen wurden ohne Fundament auf den Nilschlammboden gesetzt. Stellenweise
waren die Steine durch die aufsteigende Bodenfeuchtigkeit zersetzt worden und
die Umrisse nur noch als Verfärbung im Boden erkennbar. |
Die äußere Halle aus zwei Reihen von je drei Säulen war ebenso schlecht erbaut
worden, wie die innere Halle. Die Säulen dieser Halle waren mit dünnen Schranken
(Interkolumnien) verbunden, deren Vorzeichnung auf dem Pflaster ebenso erhalten
geblieben ist, wie der Rest einer solchen Schranke. Am westlichen Ende war die
äußere Säulenhalle durch ein Tor verschlossen. |
Die Entstehungszeit der beiden Säulenhallen kann anhand der Baureste nur
vermutet werden, denn es wurden keine Inschriften gefunden. Überlegungen zum
zeitlichen Auftreten diverser stilistischer Elemente ließen Ricke vermuten, dass der Tempel nach der teilweisen Zerstörung Thebens durch die Assyrer (d.h.
in der 26. [saitischen] Dynastie während der Herrschaft Psammetich I. von dem
Provinzfürsten namens Montu-em-hat) restauriert wurde. Bei dieser Restauration
sind seiner Ansicht nach auch die beiden Säulenhallen erbaut worden. |
Versuch einer Rekonstruktion des Kamutef-Tempels
nach der 2. und 3. Bauphase (nach: Ricke, 1954) |
Der gesamte Tempelbezirk war von einer Umfassungsmauer
(im Grundriss oben schraffiert) umgeben. Ricke fand nördlich von der
Nordost-Ecke des Erweiterungsbaues Reste einer Ziegelmauer, die auf einem
Fundament von massiven Steinblöcken errichtet worden war. Der Tempelbezirk war
von der Westseite her zu betreten, denn es konnten Reste eine Tores etwa 40 m
entfernt vom ursprünglichen Tempelgebäude nachgewiesen werden. Vor dem Tor
fanden sich verstreut die Reste von Quarzitblöcken, die wahrscheinlich zu
mehreren Kolossalstatuen gehörten, die vor dem Tor aufgestellt waren. |
Die Datierung sowohl des Tores als auch der Ziegelmauerreste blieb unsicher.
Ziegelstempel wurden nicht gefunden und anhand des Ziegelformates ließ sich
auch keine zeitliche Einordnung vornehmen. Ricke hält es daher für möglich, dass
die Mauer bereits in der frühen 18. Dynastie (unter Hatschepsut oder Thutmosis
III.) entstanden ist. |
Das westliche Tor wurde jedoch deutlich später errichtet, denn unter den
erhaltenen Blöcken fanden sich zwei, die aus dem gegenüberliegenden
Stationstempel stammten (der somit also zur Zeit der Errichtung des Tores schon
nicht mehr benutzt wurde). Ein herumliegender Granitblock, der vermutlich zur
Außenwand des Tores gehört hat, trägt den Namen des Psammetich I. - dem man
damit die Errichtung des Tores auch zuschreiben kann. |
Den früheren Umfang des Tempelbezirkes konnte er jedoch nicht mehr ermitteln,
denn weder auf der Ost- noch auf der Südseite fand er Reste der Umfassungsmauer.
Ob schon unter Hatschepsut das Tor und Umfassungsmauer dort lagen, wo er Reste
davon gefunden hat, ließ sich ebenfalls nicht feststellen. |
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