Medinet Habu

last update: 14.01.2010
 

Beschreibung des Tempels aus der 18. Dynastie -

Ambulatorium (Pfeilerumgang)

 


Der Grundriss zeigt die Teile des kleinen Amun-Tempels, die aus der Zeit der Hatschepsut (I-----I) bzw. des Thutmosis III. (I-----I) stammen. Die roten Striche in den Kapellen der Hatschepsut markieren die Wände, die für Hatschepsut dekoriert worden waren - alle anderen Wandabschnitte wurden entweder für Thutmosis III dekoriert oder waren für Hatschepsut vorskizziert und für Thutmosis III. umgewidmet.
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Oben eine Rekonstruktion des kleinen Amun-Tempels von Hölscher (1930), nach dem Umbau durch Thutmosis III.

Die heutige Galerie weist ein paar kleine Veränderungen aus späterer Zeit aus. So stehen im Umgang heute 4 polygonale Säulen (das  Foto unten links zeigt die östliche der beiden Säulen auf der Nordseite) mit einer eher merkwürdigen Anordnung. Die polygonalen Säulen wurden von Achoris (3. König der 29. Dyn.) eingebaut, als durch bauliche Mängel im Fundament der Barkenschrein des Thutmosis III. Risse bekam. Die Säulen stammen aus den benachbarten Kapellen der Gottesgemahlinnen wie die Kartusche der Amenirdis von einer der Säulen belegt. Diese Säulen wurden so eingebaut, dass sie jeweils drei oder vier Steinblöcke der Decke abstützen.


Polygonale Stützsäulen aus der Zeit von Achoris (3. König der 29. Dyn.) Ehemals verputzte Kartusche der Gottesgemahlin Amenirdis.

Geändert wurden auch die Zugänge. Der Umgangstempel hatte ursprünglich nur einen Eingang auf der Ostseite. Später wurden insgesamt an 4 Stellen die Schranken zwischen den Pfeilern beseitigt, so dass der Tempel sowohl auf der Nord- als auch der Südseite zwei Zugänge erhielt.
Auf der nördlichen Seite wurde zwischen den beiden östlichen Pfeilern von Achoris ein Tor eingebaut (nächstes Foto).
Ein weiterer Eingang entstand gegenüber auf der südlichen Seite gleichzeitig mit dem ptolemäischen Seitenflügel. Wann die anderen beiden Eingänge entstanden sind, ließ sich laut Hölscher nicht mehr feststellen.

Ostseite des Barkenschreins mit (rechts) dem Tor des Achoris, hinter dem später in ptolemäischer Zeit der nördliche Seitenflügel angebaut wurde.

Irgendwann wurden die Fenster zwischen den Pfeilern mit je zwei Steinplatten, die aufeinander standen, verschlossen. Davon ist lediglich eine in situ auf der Ostseite im südlichen Fenster erhalten. Diese Fensterblenden waren außen dekoriert - die Dekoration der erhaltenen Blende stammt aus saitischer Zeit und zeigt laut Porter&Moss, Bd. II, S. 466, Isis und Osiris vor einem Opfertisch, gegenüber eine Göttin (Satet?) mit Pfeil und Bogen in den Händen.


Oben Ostseite des 18. Dynastie-Tempels mit der letzten Steinblende im (südlichen) linken Fenster. Unten eine Aufnahme der Fensterblende mit Außendekoration aus saitischer Zeit.


Der Umgang wurde wohl vollständig von Thutmosis III. erbaut. Lediglich die 4 Pfeiler der östlichen Front (ohne die Eckpfeiler) könnten noch unter Hatschepsut begonnen worden sein, denn ihre horizontalen Fugen liegen in einer anderen Ebene als die der restlichen Pfeiler. Die Pfeiler sind ca. 87 cm im Quadrat, auf der Ostseite stehen sie etwas enger zusammen. Untereinander sind die Pfeiler mit oben abgerundeten Schranken (Interkolumnien) verbunden.

Oben: Blick auf den Eingang zur Galerie vom Vorhof aus, der in kuschitischer Zeit errichtet wurde.


Für die weitere Vorstellung der einzelnen Pfeiler der Gallerie wurden in der Grafik die Pfeiler wie üblich durchnumeriert (vgl. Porter&Moss, BD II, oder Myśliwiec, 1985). Die Numerierung beginnt am Eingang auf der Ostseite, die Pfeiler A - H liegen auf südliche der Tempelachse, die Pfeiler I - P nördlich davon.

Alle Pfeiler wurden von Thutmosis III. auf drei Seiten dekoriert, die Außenseiten wurden - wie die ganze Außenseite des Tempels - nicht dekoriert (erst unter Ramses III.). Alle Darstellungen zeigen stets Thutmosis III. vor einer Gottheit - auf dem Foto unten auf der Ostseite des Pfeilers P steht er vor Upuaut, dem "Herrn der Nekropole", und erhält "Leben" (Thutmosis III. trägt hier die Rote Krone Unterägyptens).
Fast alle Götterdarstellungen wurden in der Zeit von Echnaton ausgehackt und in der 19. Dynastie restauriert.


Nach Myśliwiec (1985) sollen die Szenen auf den Pfeilern eine besondere Verteilung aufweisen. Nach seiner Analyse erscheint der König auf den Pfeilerinnenseiten stets vor Amun-Ra, wobei er entsprechend zur geographischen Ausrichtung der "Beiden Länder" auf der Nordseite die rote Krone Unterägyptens tragen soll, auf der Südseite die weiße Krone Oberägyptens.


Beide Aussagen sind nicht haltbar wie z.B. oben die Innenseite des Pfeilers M zeigt, denn hier trägt der König die weiße Krone Oberägyptens (das lässt sich auch noch an anderen Stellen zeigen). Auf der Innenseite von Pfeiler N (Foto unten) umarmt er den ithyphallischen Amun-Kamutef, den "Herrn des Himmels".


Die Pfeilerinnenseiten zeigen folgende Anordnung (siehe auch folgende Tabelle):

- der König steht immer vor einer der beiden Formen Amuns;
- auf der Südseite trägt der König immer die Weiße Krone Oberägyptens - mit Ausnahme auf Pfeiler F (vor dem ithyphallischen Amun, wo nur eine Art Perücke erkennbar ist);
- auf der Nordseite trägt er abwechselnd die Rote und die Weiße Krone, parallel zur Südseite trägt er vor dem ithyphallischen Amun wieder einen besonderen Kopfschmuck (hier das Nemes-Kopftuch).


Pfeilerinnenseite   Pfeilerinnenseite
         
Ostwand -Nordseite   Ostwand-Südseite
Amun-Ra I   A Amun-Ra
Amun-Ra j   B Amun-Ra
         
Nordwand   Südwand
Amun-Ra L   D Amun-Ra
Amun-Ra M   E Amun-Ra
ithyphallischer Amun N   F ithyphallischer Amun
Amun-Ra O   G Amun-Ra
Amun-Ra P   H Amun-Ra
         
Rote Krone Nemes      ???    Weiße Krone
Die Tabelle zeigt farblich codiert die Verteilung der Kronentypen auf den Pfeilerinnenseiten der Ostwand (A,B, I, und J) und den Pfeilerinnenseiten der Süd- und Nordwand.

Aus der obigen Tabelle geht klar hervor, dass die Behauptung von Myśliwiec nur für die 4 Pfeilerinnenseiten der Ostwand (Frontseite) der Galerie gilt (d.h. für die Pfeiler I u. J nördlich der Tempelachse, sowie südlich für A und B; die Eckpfeiler gehören nicht dazu).

Thutmosis III. imponiert im Peripteral-Tempel besonders durch variantenreiche Federkronen. Allgemein setzen sich diese Kronen aus einigen konstanten Elementen zusammen, deren Anwesenheit fakultativ ist:

zwei Straußenfedern,
zwei Falkenfedern,
zwei horizontale Widder-Hörner,
zwei hohe Kuhhörner,
zwei kleine Hörner von Horntieren,
eine Sonnenscheibe,
zwei oder mehrere Kobras gleicher Anzahl.
Das Foto rechts zeigt Thutmosis III. bei den Gründungszeremonien auf der Nordwand des Barkenschreins.

 
Am häufigsten treten in dieser Gruppe zwei Kronentypen auf, in denen zwei Straußenfedern das Hauptelement bilden:

a) die "Atef"-Krone, bei der zwei Federn eine Art "Tiara" einrahmen, die der weißen Krone ähnelt (oben),

b) eine dem Gott Anedjtj zugewiesene Krone, in der die Federn direkt auf Widder-Hörnern aufgerichtet werden (hier rechts auf westlichen Seite des Pfeilers M, wo Thutmosis III. vor Seth steht, "Herr von Oberägypten, Herr des Himmels").

 

Die Darstellung der Götter auf den Pfeilerquerseiten lässt folgende Anordnung erkennen (siehe Tabelle unten):
- auf der östlichen, der Frontseite des Tempels, finden sich die Hauptgötter des Landes und die des Totenreiches;
- auf der Südseite treten Götter mit einer geografischen Namenszuweisung zu Nubien und den Landesteilen Oberägyptens auf, die südlich von Theben liegen; eine Ausnahme bilden hier Sobek und Harendotes, die keine geografischen Beinamen tragen;
- auf der Nordseite sind beliebige Götter angeordnet worden oder solche mit Beziehungen zu den Landesteilen, die nördlich von Theben liegen.

Pfeiler     Pfeiler   Pfeiler     Pfeiler
                 
 

Ostwand-Nordseite

     

Ostwand-Südseite

 
J Amaunet Amun-Ra I   A Atum Ra-Horakhti B
K Month Mut J   B Osiris Anubis C
                 
 

Nordwand

     

Südwand

 
L Tor des Achoris K   C Harendotes Sobek D
M Haroeris Hathor v. Theben L   D Hathor v. Edfu Satet E
N Hathor v. Dendera Seth M   E Khnum Anuket F
O Harsiese Onuris-Shu N   F Horus Behedetj Horus G
P Upuaut Khnum (Hypselis) O   G Nekhbet Menhit (Esna) H
    Thot P   H Horus (Nubien)    
                 
  Doppelkrone Weiße Krone       Rote Krone Federkrone  
Die Tabelle zeigt, welche Götter jeweils auf den Pfeilerquerseiten einander gegenüberstehend dargestellt sind und farbcodiert welche Krone Thutmosis III. jeweils vor diesem Gott trägt. Auf der Südseite treten mit 2 Ausnahmen nur Federkronen auf. Die Ausnahmen erklärt Myśliwiec damit, das der König auf Pfeiler G der Reichsgöttin Nekhbet gegenübersteht und mit einem Parallelismus zwischen den Pfeilern H und P. Auf der Nordseite lässt sich keine besondere Anordnung erkennen.

Eine interessante Kombination von Kronen und Göttern erkennt Myśliwiec auf den gegenüberliegenden Seiten der Pfeiler I (rechts) und J (links).

 
Rechts (Pfeiler I) trägt Thutmosis III. vor Amun die Krone Unterägyptens, links (Pfeiler J) trägt er vor Amaunet eine Doppelfederkrone wie Amun (plus Widdergehörn), während die Göttin die Krone Unterägyptens trägt.
Identifiziert sich hier Thutmosis gegenüber der Göttin als deren Gemahl Amun?

Myśliwiec vermutet weitere Dekorationskonzepte, z.B. die Darstellung von Göttern mit solaren Aspekten (Atum, Ra-Horahkti) auf gegenüberliegenden Pfeilerquerseiten, aber die finden sich - und auch das nur mit Ausnahmen - lediglich auf Pfeilern südlich der Tempelachse.
Unabhängig von allen Details und möglichen Dekorationskonzepten steht hinter der Darstellung des Königs in Anwesenheit der wichtigsten Götter des ägyptischen Pantheons vor allem eine Aussage von Thutmosis III.:
"Ich bin der rechtmäßige Herrscher, anerkannt im Kreis der Götter."

Der Tempel aus der 18. Dynastie hatte nur einen Zugang auf der Ostseite (unten), der wohl nicht durch ein Tor geschlossen werden konnte. Von den Außenseiten war lediglich die Ostseite mit Reliefs und Inschriften dekoriert. Der Architrav trägt eine lange Inschrift mit Titeln des Thutmosis III., die 6 Pfeileraußenseiten zeigen den König vor Amun. Auf der südlichen Außenseite trägt Thutmosis III. wie auf der südlichen Innenseite stets die Weiße Krone Oberägyptens. Auf der nördliche Außenseite trägt er eine Rote Krone oder eine Doppelkrone (links) und eine Federkrone mit 2 Uräen und Widdergehörn (Mitte). Die Darstellung auf dem rechten Eckpfeiler ist wg. des ptolemäischen Erweiterungsbaues nicht sichtbar.


Auf der linken Hälfte des ptolemäischen Türsturzes stehen ganz links Ptolemaios VII. Euergetes und Cleopatra II. vor dem ithyphallischen Amun und Amaunet, rechts davon opfert Ptolemaios eine Ma'at vor Amun und Mut. Auf der rechten Hälfte stehen rechts außen Ptolemaios und Cleopatra III. vor Re-Horakhti und Hathor, weiter links opfert Ptolemaios eine Ma'at vor Amun und Khons. Über dem Ganzen schwebt eine geflügelte Sonnenscheibe mit 2 Uräen.

Beschreibung der / des
Kapellen   Sanktuars    

Baugeschichte

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