Maat-ka-Ra Hatschepsut last update: 18.05.2009

Lage des Tempels Djeser djeseru


Djeser djeseru, Deir el-Bahari, fotografiert von einem der Wege, den die Handwerker im alten Ägypten nahmen, um zu ihrer Arbeitsstelle im Tal der Könige zu gelangen; im Hintergrund die stark zerstörte Anlage des Pharaos Mentuhotep II. Neb-hepet-Ra (Begründer des Mittleren Reiches, 11. Dyn. um 2000 v. Chr.; aufgenommen Dez. 2000).

Anders als im Alten Reich und im Mittleren Reich wurden mit Beginn des Neuen Reiches, also mit der 18. Dynastie, die Hauptelemente der Grabanlage Pharaos, Grabkammer (mit Mumie und Beigaben) und Kultstätte, voneinander getrennt. Die Grablege erfolgte versteckt im gut bewachten Tal der Könige (Biban el-Moluk), die Kultstätte wurde am Rand der Wüste, hin zum Nil errichtet. Für den Kult des Pharaos wurden häufig prächtige Tempelanlagen errichtet (hier sei nur nebenbei an das Ramesseum, Medinet Habu, und an den weitgehend zerstörten Tempel des Amenhotep III. erinnert), die neben dem Pharao auch Amun als "König der Götter" geweiht wurden.

Aufnahme des Tempels der Hatschepsut aus einem Heißluftballon. Das Bild verdeutlich sehr gut die Beziehung des Tempels zum Tal der Könige, das hinter der Felswand liegend zu erkennen ist (freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Anke und Ralf Klein, 2003)

Der Tempel der Hatschepsut - ursprünglich wohl für ihren Vater Thutmosis I. begonnen (s. a. Baugeschichte) - liegt am Westufer Thebens, im Talkessel von Deir el-Bahari, der ein alter Ort der Verehrung der Hathor (des Westens) gewesen ist. Neben dem Hauptgott Amun ist dieser Tempel daher vor allem der Göttin Hathor und dem Totengott Anubis (beide werden in eigenen Kapellen verehrt) geweiht. Daneben gibt es noch einen Sonnentempel für Re-Harachte.

Für die Wahl des Ortes war neben der Verehrung der Hathor nach Ansicht von Dodson (1989) möglicherweise auch eine Verehrung ihres Vorgängers Mentuhotep II. Neb-hepet-Ra, der rund ein halbes Jahrtausend zuvor geherrscht hatte, von Bedeutung. Im Museum von Liverpool findet sich ein ca. 9,3 x 5,5 cm großer, muschelförmig gearbeiteter Stein (möglicherweise Aragonit), der auf den zwei Seiten grob geschnittene, aber dennoch klar lesbare Hieroglyphen trägt. Der Text enthält neben der Kartusche mit "Maat-ka-Ra" in der zweiten Reihe auch die des "Neb-hepet-Ra" (siehe Abbildung links).
Der Text verzeichnet die von Hatschepsut durchgeführte Restauration seines Tempels. Es ist allerdings nicht eindeutig gesichert, dass sich der Text auf Restaurierungsarbeiten an seinem Tempel in Deir el-Bahari bezieht.
Die "moderne" Geschichte des Steins lässt sich bis zu seinem Ankauf im die Jahre 1830 - 1839 zurückverfolgen, der Käufer und damalige Besitzer, J. Sams, hat dieses Objekt neben anderen 1839 publiziert. Zwischenzeitlich wurde der Stein für eine Fälschung gehalten, inzwischen jedoch wieder als authentisch bewertet. Gegen eine Fälschung spricht auch die Tatsache, dass erst 20 Jahre nach der Publikation durch Sams die eng benachbarte Lage beider Tempel in Deir el-Bahari bekannt wurde.
Der Fundort des Stein ist jedoch nicht belegt, seine vermutete Zuordnung zu Deir el-Bahari beruht auf der Tatsache, dass in den zahlreichen "Grundsteindepots" ihres Tempels Djeser djeseru ähnliche muschelförmige Steine - mit einer Widmung für Amun - gefunden wurden.

Die Tempelanlage öffnet sich nach Osten, von der 3. Terrasse aus kann man - bei klarer Sicht - den 1. Pylon vom Karnak-Tempel und den Obelisken der Hatschepsut erkennen. Vom Tempelvorhof führte ein gerader Prozessionsweg zum Taltempel der Hatschepsut am Rande des Marschlandes, von da aus zum Nil und auf der anderen Flussseite zum großen Reichstempel des Amun. Auf diesem Wege erreichte auch die Prozession mit der heiligen Barke des Amun den Tempel, wenn Amun während des "Schönen Festes vom Wüstental" (= "heb nefer en inet") zu Gast war in Djeser djeseru.

Zwischen Djeser djeseru und dem Taltempel wurde der ca. 1 km lange Prozessionsweg gesäumt von Sphingen aus Sandstein, die liegende Löwen mit dem Haupt der Königin darstellten. Auf etwa halber Strecke fand sich ein Barkensanktuar, in dem die Barke des Amun für rituelle Reinigungen pausierte. Von dieser Wegestation ist nicht viel erhalten. Neben dem Ort, an dem sie lag, ließ sich noch rekonstruieren, dass sie auf einer Plattform erbaut wurde. Stufen an der Ost- und an der Westseite weisen darauf hin, dass sich auf diesen Seiten Tore befanden. Auf dem Wege nach Djeser djeseru wurde die Barke der Amun durch das östliche Tor in das Heiligtum getragen und auf einem Podest abgesetzt. Weiterhin ließ sich rekonstruieren, dass das Heiligtum einen umlaufenden Portikus aus Pfeilern besaß. Vor dem Heiligtum waren auf der Ostseite gegen die Frontpfeiler zwei osiride Statuen der Königin aufgestellt (vergl. Wegestationen der Opet-Prozession von Karnak- nach Luxor-Tempel). Darüber hinaus waren in quadratischen Gruben jeweils an den Ecken Bäume in Nilschlamm eingepflanzt worden.


Das "Talfest" des Amun - unter deutschsprachigen Ägyptologen gelegentlich auch als das "Wüste Fest vom schönen Tal" bezeichnet - wurde bei Neumond im 2. Monat des Sommers "Schomu" gefeiert; d.h. während des 10. Monats des Sonnenjahres. Die folgende Skizze zeigt neben anderen Prozessionswegen (z.B. den des Opet-Festes) den Weg zum "Schönen Festes im Wüstental" nach Djeser djeseru.


In einem Geleitzug von Priestern, Weihrauchträgern, Musikern, Tänzern, Akrobaten, Soldaten und bejubelt von wahrscheinlich begeisterten Thebanern wurde eine prachtvolle Barke mit Schrein und der Statue des Amun vom Karnak-Tempel über den Prozessionsweg bis zum Nilufer getragen. Auf einem prachtvollen Schiff, genannt "userhat" - was soviel heißt, wie "der mächtige Bug" - wurde der Schrein mit der Götterstatue zur Westseite übergesetzt, zu einem - heute völlig zerstörten - kleinen Tempel. Begleitet wurde Amun dabei von ebenso prächtig geschmückten Barken und Schiffen für die beiden anderen Götter der Triade von Theben, Mut und Khons.

Nach diversen Kulthandlungen in dem kleinen Tempel ging es geradewegs in den Talkessel von Deir el-Bahari. Unterwegs wurde an Barkenschreinen gehalten, damit Amun - und die Träger - ausruhen konnten.

In Djeser djeseru wurde Amun durch den mit Teichen und schattenspendenden Bäumen - möglicherweise aus Punt mitgebracht (die Stümpfe sind inzwischen gefunden und liegen eingezäunt vor der 1. Terrasse) - ausgestatteten Garten der Tempelanlage schließlich zu seiner in den thebanischen Berg gehauenen Ruhestätte getragen. Hier wurden die Kulthandlungen durchgeführt und die Opfer dargebracht.
Die thebanische Bevölkerung feierte in der Nacht, die Amun im Tempel verbrachte, die "Wiedervereinigung" der Lebenden mit ihren verstorbenen Vorfahren. Darüber hinaus brachte die thebanische Bevölkerung Blumen zum Tempel, die dort während der Nachtruhe der Götterstatue in deren Nähe aufgestellt wurden. "Aufgeladen" von den "magischen Kräften" des Amun wurden diese Blumen dann in die Kultkapellen der Verstorbenen gebracht, damit auch diese die "Kraft" des Amun aufnehmen konnten.

Das "Schöne Talfest" des Amun war somit im wesentlichen eine "Feier der Verstorbenen", die bei der Gelegenheit von den noch lebenden Verwandten besucht wurden.


Allerdings fand der Höhepunkt des Talfestes zuerst nur für wenige Jahre in Djeser djeseru statt, denn Thutmosis III. versuchte das Talfest in seinem heute völlig zerstörten Tempel Djeser achet der zwischen dem alten Tempel des Mentuhotep II. und Djeser djeseru lag, zu feiern.
Diese Veränderung konnte sich jedoch nicht behaupten, und Djeser djeseru wurde für lange Zeit wieder das Zentrum des "Schönen Festes vom Wüstental".

Auch die Göttin Hathor war vorübergehend Gast in Djeser djeseru, möglicherweise während der Reise der "Hathor von Dendera" zu ihrem Gemahl, dem "Horus von Edfu". Ein Relief in der Kapelle der Hathor zeigt die Ankunft der Prozession mit der heiligen Barke der Hathor.

Djeser djeseru Baugeschichte Beschreibung des Bauwerkes Djeser djeseru - die Zeit danach

Copyright: Dr. Karl H. Leser (Iufaa)